Wenn Kunst auf Weiblichkeit trifft
Xenia Fink (links) und Claudia Rößger eröffneten am Sonntag ihre Ausstellung „Letztlich sieht sie die Dinge anders“ im Kunsthaus Norden.
Norden Zeigt die eine, was die andere anders ausdrückt? Beantwortet die eine Kunst die Fragen der anderen und umgekehrt? „Letztlich sieht sie die Dinge anders.“ Vielleicht ist das die Antwort. Gegeben in der jetzt eröffneten Ausstellung im Norder Kunsthaus, die bis zum 22. September zu sehen ist. Diese Antwort ist der Titel, den Claudia Rößger und Xenia Fink für ihre Arbeiten gewählt haben. Am Sonntag waren zahlreiche Gäste dankbar für die Einführung von Katja Hock. Die Kunsthistorikerin aus Berlin half mit ihren erklärenden Worten so manchem, einen Zugang zu finden zum Verbindenden in der Kunst der beiden Frauen aus Leipzig und Berlin.
Kombinierte Kunst
Es ist das vierte Mal, dass Rößger und Fink gemeinsam ausstellen. Weil sie gespürt haben, da ist mehr im Austausch, da entsteht aus zwei Richtungen etwas Neues, eine Weiterentwicklung, ergeben sich Dimensionen, die eine allein mit ihrer Kunst so nicht erreichen kann.
Da ist Claudia Rößgers Farbenfreude, da ist dieser Pinselstrich, der klarmacht: Hier findet etwas statt. Da scheinen deutliche Antworten doch auf der Hand zu liegen in jedem Porträt. Oder? Aber haben nicht alle Frauen, die sie beispielsweise mit Eitempera auf Leinwand gebannt hat, bei aller vermittelten Stärke, Kraft, Entschlossenheit auch etwas Fragendes, Suchendes, Sehnsuchtsvolles in sich? Wohin gehen die Blicke, was bedeuten die Gesten? Führen diese Fragen zu den zarten Arbeiten von Xenia Fink?
Der Berlinerin, die einen, wie sagte es Katja Hock, „Illustrationshintergrund“ hat? Deren Striche, seien es Vorhänge, Decken, Stolen, Stoffe, Haare oder was auch immer, so fein und akkurat gesetzt sind wie die Säume einer Nähmaschinennaht. Decken sie etwas auf? Etwas ab? Was steckt hinter den Falten, sind wir eingeladen, hin- oder aufgefordert, wegzuschauen? Es sind immer die zwei Seiten, Ein- und Ausladungen sozusagen gleichermaßen. Es bleiben Lücken, es bleibt Unausgefülltes. Platz für Fantasie, für die eigenen Antworten auf unzählige gestellte Fragen. Platz für Claudia Rößgers Figuren – ein Hin- und Herleiten, ein Aufeinanderbeziehen, aber ohne Bezug. Klingt kompliziert? Vielleicht. Oder spannend. Unbedingt!
Aber in der Ausstellung geht es auch leicht und beschwingt zu, gerade wenn sich die Linien im Werk von Fink ins Nichts verlieren, so unendlich geschwungen, ineinander verschlungen, wie sie sind – wohin soll es gehen?
Kraftvolle Weiblichkeit
Immer wieder sprechen Hock, Rößger und Fink von Reibung, von Konfrontation durch das Zusammenstellen der Werke. Der Konsens sei kraftvolle Weiblichkeit, so steht es auf der Einladungskarte zur Ausstellung.
Ja, es geht um Frauen, es geht um Weiblichkeit. Aber ist nicht zuletzt durch die unterschiedlichen Herangehensweisen, die vollkommen verschiedenen Techniken auch ganz anderes dahinter? Immer noch Fragen, immer noch ein Suchen. Vielleicht braucht es keine Antworten, vielleicht braucht es den Mut, selbst zu entdecken.
Das Kunsthaus ist in diesen Wochen auch ein Ort der Geheimnisse – zum Beispiel auf dem Dachboden, den Claudia Rößger in eine Art Theaterkulisse der ganz eigenen Art verwandelt hat. Im Vorbeigehen Geschichten finden, die eigene Fantasie laufen lassen.
Oder anhand der Videoinstallation, die Xenia Fink unten im ersten Ausstellungsraum aufgebaut hat, ihren filigranen Tuschelinien folgen. Die sich in Gesichter verwandeln, Figuren. Und offenbaren, dass man sich mit der Kunst auch einfach treiben lassen kann. Und sich ansonsten der Bewunderung ausgefeilter künstlerischer Techniken hingeben darf.