Zwei Jahre nach den Anschuldigungen: Vor dem Landgericht Aurich ist ein 25-Jähriger aus Leezdorf vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden.
Aurich/Leezdorf/Norden Mit Freispruch endete vor dem Landgericht Aurich der Prozess gegen einen 25-jährigen Leezdorfer. Ihm war zur Last gelegt worden, vor zwei Jahren in Norden zwei 15-jährige Mädchen vergewaltigt zu haben. Der Angeklagte hatte alle Anschuldigungen bestritten.
„Aus meiner Sicht konnten die Vorwürfe gegen den Angeklagten nicht bewiesen werden“, sagte Staatsanwältin Anna Hoormann in ihrem Plädoyer. Dieser Einschätzung schlossen sich Verteidiger Klaas Kempe und das Gericht voll umfänglich an.
Vorwürfe der Ex-Freundin
Zunächst, so hieß es noch in der Anklageschrift, habe sich der Leezdorfer an seiner schlafenden damaligen Freundin vergangen, während er bei ihr übernachtete. Später nahm die Ex-Freundin die Vorwürfe in einem Brief, den sie dem Angeklagten gab, zurück. „Ich will Sie bitten, meine Aussage nicht zu beachten, weil er ein guter Mensch ist. Er hat mir vielfach das Leben gerettet“, hieß es in dem Schreiben, das wohl den Behörden übergeben werden sollte. „Ich hätte damals mehr nachdenken sollen.“
„Die Aussageentstehung ist schon schwierig“, meinte Richter Bastian Witte. Denn dabei kam auch das zweite vermeintliche Opfer, eine Freundin der Ex-Freundin des Angeklagten, ins Spiel. Sie war mit dem Angeklagten angeln. Sie habe dabei so viel Alkohol getrunken, dass sie keine Erinnerung mehr daran habe, was dann geschehen sei. Sie habe nur manchmal Flashbacks und dann das Bild vor Augen, wie der Angeklagte im Gras auf ihr liege, gab die Norderin vor Gericht an. Das Bild konnte sie aber nicht genauer beschreiben. Sie versuchte, sich insgesamt gegen eine Aussage zu sperren. „Ich will mich auch an bestimmte Dinge gar nicht erinnern“, gab sie an, machte aber dann doch die eine oder andere Angabe.
Der Angeklagte habe ihr zwei Tabletten eines verschreibungspflichtigen Medikaments gegeben, die sie eingesteckt habe, erzählte sie. Auch diese Abgabe von Arzneimitteln war angeklagt, das Verfahren wurde aber eingestellt. Denn in der Vergangenheit war der Leezdorfer wegen dieser Sache schon durch Strafbefehl rechtskräftig sanktioniert worden.
Mehrere Widersprüche
Ursprünglich war die junge Frau wegen der Tabletten als Beschuldigte von der Polizei vernommen worden, hatte bei der Gelegenheit aber nichts von einer Vergewaltigung erzählt. Vor Gericht sagte sie aus, dass der Angeklagte ihr am nächsten Tag gesagt habe, dass sie Sex gehabt hätten. Nur der Ex-Freundin des Angeklagten hatte sie davon berichtet. Daraufhin hatte die Ex-Freundin in ihrer beider Namen eine Online-Anzeige erstattet. Beiden jungen Frauen war gemeinsam, dass ihre Aussagen bei den Vernehmungen der Polizei und dem Gericht nicht konstant waren, sondern einige gravierende Widersprüche aufwiesen.
Mögliche Motive
Die Gründe für eine falsche Beschuldigung sah die Kammer in dem Beziehungsgeflecht. Die Ex-Freundin hatte zugegeben, Hass auf den Angeklagten verspürt zu haben, als sie erfuhr, dass er mit ihrer Freundin zum Angeln gegangen war. Rachegelüste oder Eifersucht hatte auch der Angeklagte als Beweggrund vermutet.
Das Motiv der anderen Jugendlichen sah Richter Witte entweder in der Solidarität mit der Freundin oder dem Versuch, deren Beziehung zum Angeklagten zu spalten. „Es könnten aber auch Instruktionen durch die Ex-Freundin des Angeklagten gewesen sein“, nannte der Vorsitzende noch eine dritte Variante. „Wie es wirklich war, wissen wir nicht“, räumte Richter Witte ein, „aber die Aussagen der Zeuginnen funktionieren nicht so, dass wir den Angeklagten verurteilen können.“