Wie ein 82-Jähriger das Norder Erbe digitalisiert

Von Michaela Kruse

Ludwig Cassens hat in den vergangenen Jahren Personen-Daten der lutherischen Ludgerigemeinde ab 1681 zusammengestellt.

Norden Wer den Ursprung, die Keimzelle, sehen will, der muss im Ostfriesischen Teemuseum Treppen runter- und raufgehen. Erst oben unter dem Dach in einem Anbau sieht man sie dann: Die alten, braunen, kleinen Zettelkästen des 1958 verstorbenen Heimatforschers Ufke Cremer. Auf Zetteln ist in kleiner Handschrift mehr oder weniger deutlich Norder Familiengeschichte zu lesen. Notiert sind Familiendaten der lutherischen Ludgerigemeinde Norden, wer seit 1637, wann geboren wurde, wer wann wen geheiratet hat, wer wann gestorben ist.

Genau dieser Daten hat sich der Norder Ludwig Cassens in den vergangenen Jahren angenommen. Und hat mit akribischer, unglaublich fleißiger Arbeit daraus einen „Schatz“ gemacht, wie gestern Helmut Fischer, Vorsitzender der Upstalsboom-Gesellschaft, im Rummel des Alten Rathauses sehr deutlich hervorhob: „Es ist ein Geschenk an die Ludgerigemeinde, an die Stadt Norden und an alle Familienforscher weltweit.“

Der heute 82-jährige Cassens hat zum einen Taufbücher der Ludgerigemeinde zusammengestellt. Taufbuch 1 ab 1637 hat der Heimatforscher Ufke Cremer noch selbst verfasst, sagt Cassens. „Er hat das Fundament gelegt. Ich habe dann angefangen mit Taufbuch 2.“ Dies listet alle Taufen der Ludgerigemeinde seit 1681 auf. Cassens, der an dem Projekt schon jahrelang sitzt, ist es bislang gelungen, Taufen bis 1799 in seinen PC einzugeben und der Upstalsboom-Gesellschaft zu geben. Inzwischen ist das Ganze auch gedruckt: In DIN-A-4-großen Büchern ist alles fein säuberlich nachzulesen. Und wer möchte, kann dies auch über die Homepage der Upstalsboom-Gesellschaft weltweit nachlesen. Besonders Nachfahren von ausgewanderten Nordern haben daran immer wieder ein großes Interesse, weiß Fischer.

Und Cassens hat noch mehr gemacht: Er hat auch alle Proklamationen – wenn Menschen ihr Aufgebot für eine Hochzeit bestellten – zusammengestellt: „Dies für die Zeit von 1674 bis 1852.“ Das Schwierige an seiner Arbeit sei vor allem die schlechte Lesbarkeit der Originale gewesen: „Manches ist in Sütterlin geschrieben, manches in Latein, das geht querbeet.“ Das erfordert Ausdauer. Cassens hat diese. Woher er das kann: „Doon deit lehren“, sagt er schlicht, was so viel heißt wie: „Man lernt durch das Arbeiten“. Wer jetzt denkt, da gibt es aber doch eine große Lücke zwischen dem Heute und dem Jahr 1799, bis zu dem Cassens die Taufbücher aufgeschrieben hat, der wird sich freuen über eine Aussage des Heimatforschers: „Aufhören ist nicht“, sagt er und strahlt einen an. Inzwischen ist er bei den Taufen im Jahr 1807 angelangt. Dann ist das Ende aber absehbar: „Ab 1853 gibt es Daten in vorgedruckten Büchern.“

Cassens war einst von seinem Vater infiziert worden, sich überhaupt mit der Familiengeschichte zu beschäftigen. Der Vater hatte ein Stammbuch für die Familie angefangen zu schreiben, starb jedoch früh. Auch der Bruder ist bereits verstorben. Im Jahr 2009 startete Cassens dann mit der eigenen Familienforschung. Er hatte einen spannenden Vortrag von Gretje Schreiber gehört. Angelika Ruge, früheres Mitglied des Kirchenvorstandes Ludgeri, zeigte ihm das Archiv der Kirchengemeinde Ludgeri. So fing es an. Cassens selbst hat diese Arbeit mit den unzähligen Familiendaten als unglaublich spannend empfunden: „Du findest immer wieder neue Nachkommen.“ Er selbst kennt seine bis 1650.

Norderinnen und Norder, deren Vorfahren Mitglieder der lutherischen Ludgerigemeinde Norden waren, können auf der Homepage der Upstalsboom-Gesellschaft in den Unterlagen, die Cassens zusammengestellt hat, lesen. Sie finden sich bei den Ortssippenbüchern unter www.upstalsboom.org.