Wie junge Fachkräfte aus Vietnam den Norden stärken
Jelto Müller von der Kreis-Wirtschaftsförderungs GmbH sowie Philip Nguyen und Bao Doan von der Firma iAzubi (v. l.) holen Auszubildende aus Vietnam in die Region.
Norden Trung Nguyen war der Erste. Er kam vor gut einem Jahr aus seiner Heimat Vietnam nach Norden, um Steuerfachangestellter zu werden. Seine Leistungen versetzen nicht nur seinen Chef, sondern auch seine Lehrer in Erstaunen. Er ist Klassenbester. „Es ist mein 402. Tag hier“, erzählt der junge Mann. Und: „Ich bin gekommen, um zu bleiben.“
Etwas Ähnliches berichten Cong Pham und Thuy Pham am Dienstagabend in Norddeich. Die beiden sind erst seit wenigen Wochen hier, haben ihre Ausbildung zum Hotelfachmann beziehungsweise. zur Restaurantfachfrau gerade erst begonnen. Ihr Deutsch ist noch ein wenig schwer zu verstehen, aber eines sagen sie mehrfach mit Nachdruck: „Wir sind dankbar für Ihre Hilfe“, erklären sie und sprachen weiter von der großen Ehre, dass so viele ihretwegen an diesem Abend gekommen sind.
So viele – das sind neben insgesamt 21 jungen Vietnamesen Vertreter des Landkreises, der Ausbildungsbetriebe hier in Norden und Norddeich, das sind Vertreter der Schulen und mit Jelto Müller von der Kreis-Wirtschaftsförderung GmbH sowie Philip Nguyen und Bao Doan als Verantwortlichen der Firma iAzubi diejenigen, die seit einem Jahr ein ganz neues Paket schnüren: junge Menschen aus Vietnam in den Landkreis Aurich und nach Bremen zu holen, die hier nicht nur eine Ausbildung absolvieren, sondern im besten Fall auch vor Ort bleiben.
Suche nach Fachkräften
Philip Nguyen und Bao Doan sind Norder mit vietnamesischer Zuwanderungsgeschichte, wie sie es nennen. Haben gesehen, wie immer mehr Stellen auf dem Arbeitsmarkt unbesetzt bleiben, Fachkräfte in den Ruhestand gehen oder wegziehen. Also haben sie die Initiative ergriffen. Die Idee dazu sei auf einer Hochzeitsfeier entstanden, wusste auch Landrat Olaf Meinen, der das entstandene Projekt selbst mit Interesse verfolgt und mit Sorge erlebt, wie händeringend ringsum nach Fachkräften gesucht wird. „Was nützen beste Häuser, wenn niemand die Gäste bedient?“, fragte Meinen mit Blick gerade auf die Touristenregion Norddeich.
Bao Doan ist viel in Vietnam unterwegs, besucht, so erzählte er am Dienstag, Sprachschulen vor Ort, unterhält sich dort mit jenen, die Deutsch lernen und sich ein Leben in Deutschland vorstellen können. Aber noch mehr. Er rede mit den Familien, berichtete er, er lote aus, frage, was die Schüler und Schülerinnen für einen Beruf ergreifen wollten. Und er erkläre den Menschen auch, wohin es für sie in Deutschland gehe: nicht in die Metropolen Berlin, Hamburg, Frankfurt, sondern nach Norden.
Persönliche Betreuung
Die Vermittlung der Vietnamesen in Betriebe vor Ort sei dann aber nicht das Ende – sondern, das betonte Philip Nguyen, erst der Anfang. Wer kommt, braucht eine Wohnung, braucht Möbel, ein Fahrrad, um zum Ausbildungsplatz und zur Schule zu kommen, Papiere müssen beantragt werden, der Alltag in Deutschland mit allen Hindernissen und auch Tücken gelernt. Nguyen sprach von einem „Kulturschock“ für die jungen Menschen, die ihre Heimat verlassen haben. Womöglich für immer. Da setzt nach Angaben von Nguyen und Doan ihre Firma iAzubi an. Jeder werde persönlich betreut, bekomme einen direkten Ansprechpartner, der jenseits der Arbeit helfe.
Die Sprache sei ein ganz wesentliches Element, aber darüber hinaus müsse viel getan werden – Behördengänge, Konto eröffnen, Krankenversicherung, Internet, Arztbesuche und noch viel mehr. Die gesamte Ausbildungszeit über werden die Vietnamesen betreut. Die 21, die vor wenigen Wochen gekommen sind, haben nach Angaben von Jelto Müller Ausbildungsstellen angetreten. Bei Bäcker Grünhoff, beim Bauunternehmen Tell Bau, im Restaurant Havanna, im Fährhaus und im Steuer-/Unternehmensberatungsbüro AFP sowie auf Norderney in der Bäckerei Bethke. „Es ist für uns eine große Ehre“, sagt Thuy Pham. „Wir sind glücklich und versprechen Ihnen, das Beste zu geben.“