Wiesmoor: Urteil im Prozess um zwei Raubüberfälle – Haftstrafen, Bewährung und Dauerarrest

Von Martina Ricken

Der Prozess um zwei Raubtaten in Wiesmoor ist vor dem Landgericht mit dem Urteil gegen drei Angeklagte abgeschlossen worden.

Aurich/Wiesmoor Ein 24-jähriger Angeklagter, der an beiden Taten im August und September vergangenen Jahres beteiligt war, erhielt eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und muss weiterhin in Untersuchungshaft bleiben. Der 25-jährige Mitangeklagte, dem nur eine Tat zur Last gelegt wurde, kam mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten davon. Er muss als Auflage 2400 Euro an die Opferhilfe zahlen. Bezüglich des mit 18 Jahren jüngsten Angeklagten wandte die 1. Große Jugendkammer Jugendstrafrecht an, sprach eine Verwarnung aus und ordnete einen vierwöchigen Dauerarrest an. Außerdem muss der Heranwachsende an einem Anti-Aggressionskurs teilnehmen.

Erste Tat: Versuchter Raub an Kiosk in Wiesmoor im August 2024

Die erste Tat spielte sich im August 2024 an einem Kiosk ab, in dem sich der 24-jährige und der 18-jährige Angeklagte zunächst aufhielten. Es kam das spätere Opfer hinzu. Die Angeklagten wollten von dem Mann Marihuana kaufen. Der lehnte jedoch ab und wollte ihnen nur eine kleine Portion schenken. Der 24-Jährige wurde wütend, denn dem Rucksack des Opfers entströmte auffälliger Cannabisgeruch. Er zerrte an dem Rucksack, wollte einen Blick hineinwerfen. Weil sich das Opfer aus einem Schultergriff löste und davonfahren wollte, übergab der 24-Jährige dem Mitangeklagten Pfefferspray und hielt selbst einen nicht ausgezogenen Schlagstock in der Hand. Dem Opfer gelang trotzdem die Flucht mit dem Fahrrad. Der 18-Jährige verfolgte ihn und sprang gegen das Rad. Der 24-Jährige ahnte, wohin der Mann flüchtete. Die Angeklagten begaben sich zur entsprechenden Wohnung. Nach einem Wortwechsel durch das Fenster schlug der ältere Angeklagte die Scheibe mit dem Schlagstock ein.

Gericht sieht versuchten besonders schweren Raub und Sachbeschädigung

So sah jedenfalls die Kammer den Ablauf und wertete die Tat als einen versuchten besonders schweren Raub, durch den sich die Angeklagten das Cannabis verschaffen wollten. Hinzu kam die Sachbeschädigung. Die Verteidiger sahen es anders. „Das war ein Rücktritt vom Versuch“, meinte der Anwalt des 18-Jährigen. „Das war ein fehlgeschlagener Versuch“, widersprach Richterin Charlotte Fuchs. „Mein Mandant hat nur dagestanden mit dem Pfefferspray in der Hand. Er hat es nicht in Anschlag gebracht“, argumentierte der Verteidiger. „Es wurden zwei Drohmittel verwendet“, konterte die Vorsitzende. „Dass man die benutzt, nur um in einen Rucksack zu schauen, ist lebensfremd.“

Zweite Tat: Raub mit Schreckschusswaffe wegen Tabletten in Oldenburg

Die beiden älteren Angeklagten waren nach Ansicht der Kammer mit zwei weiteren Männern an der zweiten Tat beteiligt. Man lauerte einem Mann auf, von dem der 25-Jährige wusste, dass dieser in Oldenburg auf nicht legale Weise bestimmte Tabletten gekauft hatte. Es ging darum, so Richterin Fuchs, sich in den Besitz der Tabletten zu bringen. Dazu wurde eine Schreckschusswaffe gezogen, von der man nicht weiß, ob sie geladen war. Der Mann und sein Portemonnaie wurden durchsucht, seine Tabletten abgenommen.

Aussage gegen Aussage: Verteidigung bestreitet Einsatz der Waffe

Auch in diesem Fall war die Sichtweise des Verteidigers eine andere. Sein Mandant habe das Auto nicht verlassen. Weil er den Blick nach unten gerichtet habe, sei ihm auch der Einsatz der Waffe verborgen geblieben. Der 25-jährige Angeklagte hatte sich aber später mit dem Opfer getroffen, die Tabletten zurückgegeben und sich entschuldigt. Der 24-jährige Angeklagte bestritt, dass überhaupt eine Waffe im Spiel war.

Gericht versucht, widersprüchliche Aussagen zu bewerten

„Es ist die Pflicht des Gerichts, die Wahrheit zu erforschen“, lautet ein Satz, der von vielen Richtern gerne bei Zeugenbelehrungen verwendet wird. In diesem Prozess schien fast jeder Beteiligte seine ganz eigene Wahrheit zu haben. Das lag nicht nur an den Einlassungen der Angeklagten, die teilweise nicht nur in sich, sondern auch untereinander widersprüchlich waren. Auch die Angaben der Zeugen variierten mitunter in manchen Punkten. Es ist also fraglich, ob die Wahrheit, wie sie vom Gericht gesehen wurde, von allen akzeptiert wird.