Wittmund: Eine Stadt für den zweiten Blick

Von Imke Oltmanns

Hans Ludwig Janssen vor zwei der in Ton gebrannten Handabdrücke von Prominenten, die in der Innenstadt verteilt sind. Diese hier stammen von Fritz Karl (links) und Ulrich Tukur.

Wittmund Wittmund ist die kleinste der ostfriesischen Kreisstädte. Eine Fußgängerzone samt Marktplatz, ein paar Wohnviertel drum herum, ein kleines Krankenhaus, ein kleiner Bahnhof, ein kleiner Schlosspark – im Vergleich zu Aurich, Emden und Leer ist Wittmund äußerst überschaubar. Oder auch: „Gemütlich!“ So empfindet Hans Ludwig Janssen seine Heimatstadt. Der 72-Jährige kennt sie wie seine Westentasche. Durch sein langes ehrenamtliches Engagement hat er sie mitgestaltet.

Wittmund ist auch so etwas wie ein Scharnier zum Rest der Halbinsel. Mit dem benachbarten Jever teilt man sich eine humorvoll gepflegte Feindschaft sowie mehrere gut funktionierende kommunale Kooperationen; denn pragmatisch sind die Wittmunder auch. Die Kreisstadt zählt gut 21.000 Einwohner, die sich auf 14 Ortschaften verteilen. In der Kernstadt selbst leben nur 8000 Menschen. Janssen kennt viele von ihnen: Der gelernte Bäckermeister war Lehrer an den Berufsbildenden Schulen und engagiert sich in vielen Vereinen.

Die Stadt hat auch Mängel

Bei einem Gang durch die Fußgängerzone sind die Mängel seiner Heimatstadt unübersehbar. „Früher hatten wir hier viele kleine Geschäfte, das hat sich sehr verändert“, stellt Janssen fest. In der Innenstadt gibt es mehrere Leerstände. Auch gastronomisch bietet sie keine große Auswahl. Wie man das ändern könnte? Da weiß auch Janssen keinen Rat. Wie viele andere Wittmunder hofft er auf eine bessere Anbindung an Carolinensiel. Der 13 Kilometer entfernte Küstenort ist nicht nur Teil der Stadt Wittmund, er ist mit seinem Museumshafen ein Touristenmagnet. Von diesen Urlaubermassen hätte man in der Kernstadt gern etwas ab. Eine der Wittmunder Attraktionen hat die Verbindung schon geschlagen: Die „Hands of Fame“ – die in Ton gebrannten Handabdrücke von Politikern, Showgrößen und Spitzensportlern – sind nun auch in Carolinensiel zu finden. Janssen selbst hat nicht wenige Stars besucht, um ihre Handabdrücke zu nehmen.

Eine pragmatische Hilfsbereitschaft

Und dann zeichnet die Wittmunder noch eine ebenso großzügige wie pragmatische Hilfsbereitschaft aus. Als 2015 die große Flüchtlingswelle begann, öffneten viele ihre Türen. Auch bei Janssens lebte drei Jahre lang ein junger Syrer.

Sinnbildlich für diese Offenheit ist das Boot vor dem Kreishaus. Auf Initiative eines Vereins schmiedeten es 15 Flüchtlinge unter Anleitung eines Künstlers. Ein Kunstwerk, das zugleich Ausbildungsmaßnahme war: Die jungen Männer erwarben dabei ihren Schweißerschein. Nicht wenige der Wittmunder Flüchtlinge sind geblieben und haben sich hier ein Leben aufgebaut.

Der Heimatcheck Ostfriesland ist ein Gemeinschaftsprojekt ostfriesischer Verlage mit freundlicher Unterstützung der EWE AG und der Ostfriesischen Landschaftlichen Brandkasse. Bis zum 27. April kann man unter www.heimatcheck-ostfriesland.de an der Umfrage teilnehmen.