Zentralklinik in Ostfriesland: Der erste Schritt zur Umsetzung ist getan
Einige haben ihn herbeigesehnt, andere gefürchtet, einige nicht dran geglaubt: Das Land hat die erste Tranche der Baukosten für die Zentralklinik schriftlich überbracht.
Emden/Aurich/Norden Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi kam bei der symbolischen Scheckübergabe eine Liedzeile der Neue-Deutsche-Welle-Sängerin Nena in den Sinn: „Irgendwie fängt irgendwann, irgendwo die Zukunft an“. Mit der Übergabe von 148 Millionen Euro für die Zentralklinik in Uthwerdum beginne jetzt die Zukunft des geplanten 814-Betten-Krankenhauses in der Gemeinde Südbrookmerland, so der Minister.
Übergabe im Rummel
Philippi überbrachte gestern im Rummel des Ostfriesischen Landesmuseums in Emden den Förderbescheid für die Zentralklinik. Die 148 Millionen Euro, die sich hälftig aus Bundes- und Landesmitteln zusammensetzen, stellen eine erste Tranche der Gesamtförderung dar. Insgesamt sollen für den Neubau in Uthwerdum 460 Millionen Euro an Fördergeldern fließen. Das entspricht 81 Prozent des bei der Beantragung erwarteten Kostenvolumens von 567 Millionen Euro. Auf diese Summe hatte die Trägergesellschaft 2022 die sogenannten förderfähigen Kosten beziffert.
Minister sagt weitere Förderung zu
Aber auch wenn der Klinikneubau teurer werden sollte, werde das Land die Region nicht im Regen stehen lassen, versicherte Philippi den Anwesenden. „Wir werden die neue Klinik nicht mit offenem Dach stehen lassen. Es wird fertiggebaut.“ Das Land stehe zu seiner Verantwortung, über die Träger der medizinischen Versorgung eine moderne Infrastruktur für die Menschen im Land zur Verfügung zu stellen.
Drei Milliarden Euro landesweit
„Dafür haben wir in den nächsten zehn Jahren drei Milliarden Euro bereitgestellt. Auch um unter anderem so ein riesengroßes, wichtiges und strahlkräftiges Projekt, wie die Zentralklinik nach vorn zu bringen – auch in Zeiten knapper Haushaltsmittel. Das ist uns wichtig“, betonte der Gesundheitsminister. Jeder einzelne Euro, den das Land in die Zentralklinik investiere, sei gut angelegtes Geld. „Es ist wichtig für die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger in der Region.“
Die Kapazitäten der drei Krankenhäuser in Aurich, Norden und Emden zu bündeln, erfordere Mut und Durchhaltevermögen, so der Minister. „Veränderungen in der Krankenhausstruktur sind immer emotionale Themen, die auch kontrovers diskutiert werden.“ Das gehöre zur Demokratie dazu. Wenn aber die Entscheidungen getroffen seien, müsse man auch ins Umsetzen kommen. „Und da kommen wir heute mit den ersten 148 Millionen Euro einen entscheidenden Schritt weiter.“
Erste vorbereitende Arbeiten in diesem Jahr
In der Tat liegen die Ausschreibungen bereits in der Schublade von Heiko Goldenstein. Er ist als Projektleiter für den Neubau des Zentralklinikums verantwortlich und gab den Gästen im Emder Rummel gestern einen kurzen Überblick über das Projekt. Voraussichtlich am 5. März werde der Aufsichtsrat über die Vergabe für die ersten vorbereitenden Arbeiten entscheiden. Ende Juli/Anfang August werde man mit der Erschließung des Grundstücks beginnen können. Es muss unter anderem eine rund einen Kilometer lange Baustraße gebaut sowie ein Bodenlager errichtet werden. Auf einen Termin für die Grundsteinlegung mochte Goldenstein sich nicht festlegen. Dieser hänge vom Baufortschritt ab. Angestrebt ist weiterhin die Fertigstellung in 2028. Nach Abschluss des Probebetriebs könnten dann im Frühjahr 2029 die ersten echten Patienten aufgenommen werden.
Klinik wird über 4000 Räume verfügen
Die Dimensionen des geplanten Krankenhauses sind gewaltig. Das Areal, auf dem die Klinik errichtet wird, ist 36 Hektar groß. Die Fläche entspricht der Größe von etwa 50 Fußballfeldern. An ein Zentrum für seelische Gesundheit mit einer gerontopsychiatrischen Station und insgesamt 165 Betten schließt sich ein großes Haupthaus mit einem interdisziplinären Notfallzentrum und verschiedenen somatischen Fachrichtungen an. Es wird zwölf OP-Säle geben und Patientenzimmer mit 649 Betten. Insgesamt wird das Gebäude über 4000 Räume verfügen. Zudem muss die notwendige Infrastruktur geschaffen werden. Um die Klinik erreichen und betreiben zu können, ist der Bau einer Brücke, von Straßen, einem Busbahnhof und einer eigenen Kläranlage notwendig.
Dank von den Verantwortlichen
Oberbürgermeister Tim Kruithoff und Landrat Olaf Meinen nutzten die Gelegenheit, sich bei allen am Prozess Beteiligten zu bedanken. Mehr als zehn Jahre habe man auf diesen Tag hingearbeitet, man habe informiert, diskutiert, gestritten. „Heute freue ich mich besonders für unsere Mitarbeitenden in unseren Kliniken, die nun die klare Perspektive haben, künftig in einem hochmodernen und zukunftsfähigen Krankenhaus arbeiten zu können“, so Meinen. Sie hätten die Idee der Zentralklinik immer unterstützt. Auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels in der Medizin sei die Übergabe des Förderbescheids ein wichtiges Zeichen an künftige Beschäftigte. Kruithoff betonte den „Leuchtturmcharakter“ des Gemeinschaftsprojektes. Es könne ein Beispiel für ganz Niedersachsen sein.
„Es geht um die Versorgungssicherheit“
An einer Zentralisierung der stationären Versorgung und damit Konzentration von Krankenhaus-Standorten komme man nicht herum, machte Klinik-Geschäftsführer Dirk Balster deutlich. Die Krankenhausreform sei überfällig und dringend notwendig. „Und das hat nicht in erster Linie ökonomische Gründe.“ Der Fachkräftemangel mache den Umbau des Systems notwendig. „Es geht um die Versorgungssicherheit in der Medizin.“ In der Region müssten unter schwieriger werdenden Rahmenbedingungen rund 300000 Menschen versorgt werden, so Balster. „Und für diese organisatorisch anspruchsvolle Aufgabe brauchen wir hocheffiziente Strukturen.“ Deshalb gehe auch sein Dank an alle, die sich für „dieses mehr als wichtige Projekt eingesetzt haben“.