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Mit dem Kutter „NOR225“ von Norddeich aus ins Wattenmeer

Seehundbänke, Schaufischen und Co: Eine Fahrt mit dem Traditionskutter „Nordmeer“

Lesedauer: ca. 3min 42sec
Der Traditionskutter „Nordmeer NOR225“ auf einer Ausfahrt im Wattenmeer.

Der Traditionskutter „Nordmeer NOR225“ auf einer Ausfahrt im Wattenmeer. © privat

Norden Blau so weit das Auge reicht. Keine Wolke ist am Himmel, das Meer glitzert in der Sonne. Der Blick von Heiner Tholen ist in die Ferne gerichtet. Er lenkt seinen Kutter geschickt aus dem Hafen hinaus auf die Nordsee. „Das ist es, was ich an meinem Beruf am meisten liebe: den ganzen Tag in der Natur zu verbringen. Frei und für sich zu sein“, sagt er.

Kuttertour mit der "NOR225"

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Es ist die erste Fahrt, die Tholen an diesem Tag mit seinem Holzkutter „Nordmeer NOR225“ unternimmt. Auf der Brücke ist es ruhig, Tholen ist – wenn seine Frau Anja oder sein Sohn Lukas ihm nicht gerade Gesellschaft leisten – ganz für sich.

Anders sieht es am Bug aus. Im vorderen Bereich des Kutters vermischen sich die Stimmen der zwölf Urlauberinnen und Urlauber, die an diesem Tag eine Fahrt mit dem Krabbenkutter gebucht haben. Sie sitzen auf umgedrehten Kisten, die entlang beider Seiten des Bugs aufgereiht sind. Für die nächsten anderthalb bis zwei Stunden haben sie dort einen direkten Blick aufs Meer und können Ausschau nach Schweinswalen halten. „Bitte bleibt während der Fahrt unbedingt alle sitzen, bei uns geht keiner von Bord“, scherzt Anja Rakemann mit den Gästen.

Mit dem Traditionskutter unterwegs zu den Seehundbänken

Die Idee, Ausfahrten in das Niedersächsische Wattenmeer anzubieten, bekam Tholen von Urlaubern aus der Region. Immer wieder kamen Touristen auf ihn zu, die gern an einer Tour auf dem traditionellen Kutter teilnehmen wollten. Im Jahr 2018 folgte der Kapitän dem Interesse.

Seitdem bietet er zwischen Anfang April und Ende Oktober gemeinsam mit seiner Frau und seinem Sohn – der Crew Nordmeer – bis zu sechs Fahrten am Tag zu den Seehundbänken in Richtung Juist und Norderney an.

Das Meer an diesem Tag ist ruhig, das Schiff schaukelt kaum. Die genaue Route legt Tholen spontan fest, je nachdem, an welcher Küste gerade mehr Seehunde zu sehen sind. „Gleich nähern wir uns den Seehundbänken. Jetzt könnt ihr alle vorsichtig aufstehen. Achtet nur darauf, nicht mit dem Finger auf die Seehunde zu zeigen. Das mögen sie gar nicht“, erklärt Rakemann. Es ist aber auch gar nicht nötig, auf einzelne Seehunde aufmerksam zu machen. Zahlreich liegen sowohl erwachsene Tiere als auch Seehundbabys auf den Sandbänken. Erst durch ein paar Möwen werden sie aufgescheucht und verschwinden zurück ins Wasser.

Während der ganzen Fahrt steht die Crew Nordmeer für Fragen rund um die Tiere, das Wattenmeer und den Fischkutter bereit. Die „Nordmeer“ ist einer der letzten aktiven Holzfischkutter Norddeichs. Mit dem Kauf im Jahr 2016 hat sich Tholen einen Traum erfüllt. „Ich habe aus meinem größten Hobby, dem Fischen und Angeln, meinen Beruf gemacht“, sagt er. Geboren ist der heutige Kapitän in Norden, seine Jugend hat er in Norddeich verbracht. Mit 15 Jahren ist er zum ersten Mal auf einem Kutter mitgefahren. Bereits zu diesem Zeitpunkt war das Fischen und Angeln aus seinem Leben nicht mehr wegzudenken.

Schaufischen: Einblickin die Tierwelt derNordsee

Die Begeisterung für die Fischerei ist auch auf Tholens Sohn Lukas übergesprungen. Schon als Kind hat er seinen Vater immer wieder auf Kutterfahrten begleitet. Mittlerweile hat der 19-Jährige selbst seine Fischerei-Ausbildung abgeschlossen und ist seit 2021 fester Teil der Crew Nordmeer.

Auf der Rückfahrt von den Seehundbänken zurück in den Hafen folgt das nächste Highlight der Ausfahrt: das Schaufischen. Während die Mitfahrenden weiter Fotos machen und in Gespräche vertieft sind, kommt Lukas unbemerkt aus dem hinteren Teil des Schiffs mit einem Eimer zurück nach vorn.

Die Gäste versammeln sich um den Fischer herum in einem Kreis und erhaschen einen Blick darauf, was sich in dem Eimer befindet: Seesterne, Krabben, Spinnen, Krebse. „In der Nordsee gibt es rund 52000 Tierarten“, sagt Lukas. Vorsichtig greift er ins Wasser, präsentiert ein Tier nach dem anderen und gibt den Mitfahrenden so einen kleinen Einblick in die örtliche Wassertierwelt.

Ob für Urlauber oder Crew: Ein besonderes Erlebnis

„Das Schönste an unseren Fahrten sind die Begegnungen mit so vielen verschiedenen Menschen“, sagt Rakemann. Während Heiner und Lukas Tholen hauptsächlich für die Arbeit auf dem Kutter zuständig sind, kümmert sie sich um den Kundenkontakt und übernimmt die Buchungen im Voraus. Neben den Fahrten mit Urlaubern kommt es dabei auch immer wieder zu besonderen Erlebnissen.

Vor zwei Jahren fragte der DJ Steve Clash, der eigentlich im Ruhrgebiet lebt, den Traditions-Fischkutter kurzfristig für einen Videodreh an. So kam es zu einer Fahrt auf dem Wattenmeer mit besonderer musikalischer Untermalung, denn der DJ brachte seine Anlage mit und legte auf der „Nordmeer“ auf. Auch die Bremer Folk-Rock-Band „Versengold“ war für die Dreharbeiten zu ihrem Musikvideo „Wir feiern den Norden“ auf dem Kutter zu Gast.

„Es ist einfach schön zu sehen, mit wie viel Herzblut die Crew Nordmeer bei den Fahrten dabei ist. Sie schafft damit wirklich ein ganz besonderes Erlebnis“, sagt eine Urlauberin aus Potsdam.

Die Kuttertour endet nach einer kleinen Hafenrundfahrt zurück am Anlegeplatz. Bevor es für die Mitfahrenden zurück an Land geht, gibt es von der Crew aber noch ein Andenken an die Fahrt mit der „Nordmeer“: Kapitän Heiner Tholen stellt jedem Gast eine persönliche Urkunde als „Leichtmatrose“ aus.

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Erstellt:
12. September 2023, 09:00 Uhr

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