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25. November 2023, 08:00 Uhr

Bäder-Antisemitismus auf der Insel

Während auf einigen Insel Juden früher nicht willkommen waren, herrschte auf Norderney eine andere Praxis.

Lesedauer: ca. 2min 21sec
„Norderney judenfrei“, so präsentierten sich die Schergen der SA nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933.

„Norderney judenfrei“, so präsentierten sich die Schergen der SA nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933. © Foto: Privat

Norderney Schon in seinen einleitenden Worten ließ Norderney Bürgermeister keinen Zweifel wie sensibel und wichtig eine konsequente Auseinandersetzung mit dem Thema des Antisemitismus gerade auch in der heutigen Zeit sei. Gerade vor dem Hintergrund des Terrorangriffs der Hamas auf unschuldige Zivilisten in Israel vom 7. Oktober und zunehmenden Antisemitismus an vielen Orten in Deutschland scheint das Problem aktueller denn je.

Das Museum des Nordseeheilbades Norderney mit seinem Leiter, Stadtarchivar Matthias Pausch, hatte zu einem eintägigen offenen Forum der Arbeitsgruppe Kur- und Bädermuseum in Deutschland mit dem Thema Bäder-Antisemitismus“ ins Conversationshaus eingeladen.

Knapp 50 historische Interessente waren der Einladung in den Weißen Saal gefolgt, um den Vorträgen der renommierten Referenten, die entweder selbst vor Ort waren oder via Online zugeschaltet waren, zu folgen. Aber was muss man eigentlich unter Bäder-Antisemitismus verstehen? So bezeichnet der Antisemitismus im Tourismus die Herabwürdigung und den Ausschluss von Juden bei Urlaubs- und Erholungsreisen. Der schon im 19. Jahrhundert geprägte Begriff des Bäder-Antisemitismus steht für die weit verbreitete Ausgrenzung und Diskriminierung von jüdischen Gästen in Kur- und Badeorten, vor allem in der Zeit auch schon vor dem Nationalsozialismus. Nach der Reichsgründung in den 1870er Jahren kam der Badeurlaub so richtig in Schwung. Die Sommerfrische an der See und auf den Insel genießen wurde für das finanzkräftige Bürgertum somit erschwinglich. Einige Bäder und Hoteliers warben in dieser Zeit mit dem Slogan: „Unser Haus ist Judenfrei“. Antijüdische Ressentiments waren in jenen Jahren an der Tagesordnung und weit verbreitet.

Auf Norderney war das nicht anders, wurde aber für viele Jahre etwas anders gehandhabt. Das unterstrich Stadtarchivar Matthias Paus in seinem anschaulichen und ins Detail gehenden Referat: „Juden erträglich. Bäderantisemitismus auf Norderney“. Dieses Zitat „Juden erträglich“ stammt von einer Postkarte, die im Jahr 1903 von Norderney von einem Gast verschickt worden ist. Was schreibt man für gewöhnlich auf eine Postkarte? Wetter gut, das Essen schmeckt, Überfahrt stürmisch, um nur einige Beispiele zu nennen. Doch was war diesem Verfasser besonders wichtig? „Juden erträglich“. Norderney war also offenbar lange Zeit ein bei jüdischen Mitbürgern beliebter Urlaubsort. Auf der Insel äußerte sich der Antisemitismus jener Tage eher hinter vorgehaltener Hand und nicht offen. Aber spätestens mit der Machtergreifung der Nationalisten 1933 änderte sich auch auf Norderney der Wind für die jüdischen Mitbürger. Sprüche wie: „Norderney wird wieder deutsch“, waren plötzlich an der Tagesordnung. Ein klares Zeichen, dass Juden auf der Insel fortan unerwünscht waren.

Das Seminar zum Bäder-Antisemitismus wurde von der Stadt Norderney sowie der Ostfriesischen Landschaft im Rahmen der regionalen Kulturförderung unterstützt.

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