Bestes Netz gibt‘s nur auf Baltrum. Der Rest ist (Schweizer) Käse.
Jeder hat es geahnt: Der Kreis Aurich ist mobilfunktechnisch ein Schweizer Käse: Voller Löcher. Ausgerechnet Müllwagen und Pferdekutschen haben jetzt auch den wissenschaftlichen Beweis dafür erbracht.
Lesedauer: ca. 2min 30secLandkreis Aurich Das Mobilfunknetz im Landkreis Aurich weist etliche Lücken auf. Das ergab eine Untersuchung, die die Firma STF ITech GmbH aus Dülmen von August 2022 bis Ende Juli dieses Jahres durchgeführt hat.
Deren Projektmanager Frédéric Dildei stellte die Resultate jetzt im Wirtschaftsausschuss des Landkreises vor. Demnach hat man nur auf Baltrum ein einwandfreies Mobilfunknetz. In den übrigen Gemeinden des Landkreises Aurich sieht die Versorgung hingegen weitaus weniger gut aus.
Viele Blockaden
Zwar führen auch die Netzbetreiber solche Untersuchungen durch. Jedoch gehen sie laut Frédéric Dildei von idealen Rahmenbedingungen aus. Mögliche Blockaden für Funkwellen wie zum Beispiel Nebel, Starkregen oder dichtes Laub werden ganz bewusst nicht in Betracht gezogen.
Um realistischere Werte zu erhalten, setzt STF Müllwagen ein. Die müssen ohnehin alle Straße abfahren und das zudem mehrfach. Die Fahrzeuge werden ausgestattet mit kleinen Boxen, die die Daten anonymisiert ermitteln. Das passierte auch im Landkreis Aurich mit Ausnahme von Juist und Baltrum. Da dort keine Autos erlaubt sind, wurden die Apparate stattdessen an Pferdekutschen angebracht. So sind letztlich rund eine halbe Million Messwerte zusammengekommen. „Das ist eine unschlagbare Zahl, die jeglicher Diskussion standhält“, versicherte Frédéric Dildei am Mittwoch. Geprüft wurden die 2G- und 4G-Netze der drei großen Betreiber Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland (O2). Das 3G-Netz existiert inzwischen nicht mehr. Und das 5G-Netz fand keine Berücksichtigung, weil es noch nicht vollständig ausgebaut ist.
17 Löcher im Osten
Die Auswertung erschien dann auf diversen Landkarten, die mit verschiedenfarbigen Grafiken und Punkten unterlegt waren. Ein schwarzer Punkt bedeutete gar kein Empfang. Besonders viele solcher schwarzer Punkte tummelten sich im östlichen Stadtgebiet von Aurich (zum Beispiel in Wiesens und Brockzetel). Dort gibt es laut der STF-Studie 17 Versorgungslücken, darunter sieben, in denen kein einziger Netzbetreiber vertreten ist. In den restlichen Gemeinden liegt die Zahl zwar deutlich niedriger. Aber mit Ausnahme von Baltrum tun sich eben auch dort immer wieder Funklöcher auf. Im gesamten Landkreis Aurich summieren sie sich auf stolze 84, darunter 35 ohne Präsenz eines Netzbetreibers.
Nun kann und darf eine Kommune die Netzbetreiber nicht zum Ausbau zwingen, solange die Mindestanforderungen für den Empfang auf dem Papier gewährleistet werden. Als eine Option nannte Frédéric Dildei stattdessen, dass der Landkreis Aurich anhand der ermittelten Daten auf eigenen Gebäuden Antennen installieren könnte, um gezielt Funklöcher zu stopfen. Das verbessert gemäß den Erfahrungen des Projektmanagers auch die Chancen, wenn man mit den Netzbetreibern über einen Ausbau verhandeln möchte.
Darüber hinaus empfahl er bei 49 der 84 Versorgungslücken zu prüfen, ob eine gegenseitige Nutzung eines bestimmten Netzes durch mehr als einen Netzbetreiber möglich ist.
Bei Abbruch: Dranbleiben
Mobilfunk-Benutzer können ebenfalls ihren Beitrag zur „Identifizierung“ von Funklöchern leisten. „Wenn die Verbindung abreißt, sollten Sie nur nicht auflegen sondern einfach dranbleiben“, riet Frédéric Dildei. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass eine potenzielle Versorgungslücke nicht als solche erkannt wird, so der Experte.