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19. Mai 2024, 10:00 Uhr

Das zweite Leben der ostfriesischen Mühlen

Der Galerieholländerist der ganze Stolz von Upgant-Schott. Ein Verein kümmert sich liebevoll um die Technik und das Gebäude. Am Montag freuen sich beide auf möglichst viele Gäste.

Lesedauer: ca. 2min 37sec
Ein Zug an diesem Seil, und die Mühlenflügel würden sich in Bewegung setzen. Albert Janssen wüde nur zu gerne...

Ein Zug an diesem Seil, und die Mühlenflügel würden sich in Bewegung setzen. Albert Janssen wüde nur zu gerne... ©

Upgant-Schott Irgendwo auf der zweiten Ebene, wo Holzräder und Eisenstangen das Herz der Mühle bilden, sagt Albert Janssen: „Früher brauchten wir die Mühlen, und heute brauchen die Mühlen uns.“ Und damit könnte dieser Text zu Ende sein, denn damit ist alles gesagt.

Zwei Gebäude waren die wichtigsten, früher, als es noch keine Industrie gab und die Ostfriesen eine meist arme Landbevölkerung waren: Die Kirche und die Mühle. Die eine fürs Seelenheil, die andere für den vollen Bauch. Müller war ein angesehener Beruf. War er krank, war das schlimmer, als wenn der Pastor krank war.

Tanja Luitjens, Werner Arendt und Albert Janssen: Der Kopf des Mühlenvereins.

Tanja Luitjens, Werner Arendt und Albert Janssen: Der Kopf des Mühlenvereins. ©

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Wir befinden uns im 16. Jahrhundert, da gab es in Upgant-Schott eine einfache Bockwindmühle. Sie mahlte das Mehl der Bauern, daraus buk man Brot.

In England war die Indu-strialisierung längst gelaufen, ehemalige Landarbeiter schuften seitdem in Fabriken. In Upgant-Schott baut man eine neue Mühle. Echtes Handwerk. Aus Stein und Holz. Mit großer, aber trotzdem ausgefeilter Technik im Innern. 1880 war sie fertig. Die kleine Bockwindmühle, die nur wenige Meter entfernt stand, riss man ab.

Man hatte groß gebaut. Einen Galerieholländer, ein mächtiges Werk für ein kleines Dorf, aber eben eine Lebensnotwendigkeit. Vier Mahlgänge waren darin, 26 Meter hoch ist sie, mit Reet gedeckt. Die nächste Kirche war in Marienhafe. Die nächste Mühle: gleich nebenan. Sie heißt noch immer Sterrenberg-Mühle nach Bernhard Sterrenberg, der sie 1934, nach einem verheerenden Brand, wieder aufgebaut hat. Seitdem sieht sie so aus wie jetzt.

Nur einen Müller,den gibt es nicht

Jetzt kümmert sich der Schottjer Mühlenverein um das Bauwerk. Etwa 200 Mitglieder gibt es, an der Spitze steht Tanja Luitjens. Bei ihr laufen alle Fäden zusammen. Der Verein hält die Technik am Laufen, kümmert sich um die Außenanlagen, investiert - mit Hilfe von Kommune und anderen Geldgebern - in die Erhaltung. Gerade erst hat man fast 70.000 Euro in die Holzgalerie investiert. Die Norder Hass Holzbau GmbH hat Balken für Balken abgebaut, vermessen, neu zugeschnitten –und das ganze dann wieder an die Mühle gebaut.

Werden Segel ausgezogen, muss jemand hier hoch.

Werden Segel ausgezogen, muss jemand hier hoch. ©

Nur einen Müller, den gibt es im Verein nicht. Man könnte sagen: Nicht schlimm, denn längst sind die Mühlsteine nicht mehr im Mahlwerk. Wenn die Mühle läuft, dann läuft sie trocken. Faszinierend anzusehen, aber Mehl produziert sie nicht. Was Janssen, Luitjens und Pressewart Werner Arendt nicht schlimm finden, denn der Staub würde die gesamte Inneneinrichtung verdrecken: Das Café in der ersten Etage, die Küche nebenan, die Vitrinen und Ausstellungsstücke.

Die Mitglieder - Janssen: „Wir sind eine richtige Rentner-Band – haben viel zu tun. Sie organisieren nicht nur den Mühlentag zu Pfingstmontag mit einem bunten Flohmarkt, Grillstand und vielem mehr. Sie leben mit der Mühle.

Und die Mühle lebt. Wenn der Wind in die kleine Windrose greift, ganz oben, dann dreht sich die Kappe so, dass der Wind nicht die arretierten großen Flügel zerstört. Es knarrt dann, es bebt leicht. Tanja Luitjens liebt dieses Knarren im Gebälk: „Herrlich ist das“, sagt sie.

Die Mühle gehört zu Upgant-Schott, sie ist gefühlt schon immer da. Sie ist Mittelpunkt, eine majestätische Schönheit, sie ist der ganze Stolz.

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