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17. April 2024, 07:00 Uhr

Die Brandkasse macht einen Millionengewinn - aber die Beiträge steigen trotzdem

2022 war Horror, 2023 normal - so lässt sich die Bilanz der Ostfriesischen Brandkasse zusammenfassen. Zwar musste nicht so viele Schäden ausgeglichen werden, doch die Inflation treibt die Baupreise in die Höhe. Das wird teuer für die Versicherungskunden.

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Erlebten ein vergleichsweise ruhiges Jahr: Brandkassen-Chef Thomas Weiss (Bildmitte) mit seinem Vorstandskollegen Gerrit Wilken und Pressesprecherin Signe Foetzki.

Erlebten ein vergleichsweise ruhiges Jahr: Brandkassen-Chef Thomas Weiss (Bildmitte) mit seinem Vorstandskollegen Gerrit Wilken und Pressesprecherin Signe Foetzki. © Foto: Jürgens

Aurich Nach der „Horror-Bilanz 2022“ mit den größten Sturmschäden aller Zeiten war 2023 für die Ostfriesische Landschaftliche Brandkasse ein eher „ruhiges Jahr zum Durchschnaufen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Thomas Weiss, als er am Dienstag das vorläufige Geschäftsergebnis des Versicherers präsentierte. Der Gesamtschadenaufwand lag mit 27,4 Millionen Euro um knapp 20 Millionen niedriger als 2022. Unter dem Strich bleibt ein voraussichtliches Plus nach Steuern von rund 3,2 Millionen Euro.

Beitragssenkungen für die Mitglieder werde es aber wohl trotzdem nicht geben. Das liege einerseits an den „allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ und andererseits an zu erwartenden zukünftigen Ereignissen, für die die Versicherung gewappnet sein will.

9700 Schadensfälle

Insgesamt musste die Brandkasse im vergangenen Jahr rund 9700 Schadensfälle regulieren. Zwar gab es wiederum ein paar Stürme und Unwetter. Die dadurch verursachten fünf Großschäden von jeweils über 250000 Euro bewegten sich mit unter dem Strich knapp 2,5 Millionen Euro jedoch in einem „sehr überschaubaren Rahmen“. Schon etwas mehr zu Buche schlugen Brände, wo sich sechs Großschäden auf gut 3,1 Millionen Euro summierten. Der teuerste Schadensfall in diesem Bereich mit schätzungsweise 1,1 Millionen Euro sorgte sogar überregional für Schlagzeilen. Es war der Brand im Emder Van-Ameren-Bad, auch für Thomas Weiss nach eigenem Bekunden „ein besonderer Fall“.

Kämpferischer Einsatz

Alle Beteiligten hätten sich „kämpferisch“ gezeigt, sagte Weiss. „Die Sachverständigen und Handwerksbetriebe, die Stadt Emden, die Mitglieder des Fördervereins des Bürgerbades und die eigenen Mitarbeitenden kooperierten vor Ort Hand in Hand und leisteten in rund vier Monaten gute Arbeit. Unter der Beachtung der Auflagen hinsichtlich der Abbruch-, Entsorgungs- und Wiederaufbaumaßnahmen gelang es, schon nach 14 Tagen einen Notbetrieb wieder aufzunehmen und im November Richtfest zu feiern.“

Die Bestandsbeiträge der Brandkasse inklusive des Vermittlungsgeschäfts (ohne Lebens- und Krankenversicherungen) beliefen sich im vergangenen Jahr auf 76,7 Millionen Euro. 2022 waren es nur 71,2 Euro. Dieser Beitragssumme liegen knapp 300000 Verträge inklusive 55000 versicherter Kraftfahrzeuge zugrunde. Bei Letzteren ist die Brandkasse allerdings lediglich als Vermittler tätig. Betrachtet man die Bilanz der in Eigenregie abgeschlossenen Geschäfte separat, sieht das Ganze mit 52,2 Millionen Euro gegenüber 46,9 Millionen Euro in 2022 noch ein bisschen positiver aus.

Kunden sind vorsichtig

„Wir merken, dass unsere Kundinnen und Kunden durch die in der jüngeren Vergangenheit geschehenen Naturereignisse eine höhere Sensibilität zeigen und ihren Versicherungsschutz durch uns überprüfen lassen“, erklärt Thomas Weiss den Zuwachs.

Kräftige Preiserhöhungen

Indes verschweigt er nicht, dass ein Teil davon auch auf Beitragserhöhungen zurückzuführen ist. So sind beispielsweise Elementarversicherungen für Gebäude im vergangenen und in diesem Jahr erheblich teurer geworden. Dass die Brandkasse hier keine Ausnahme machen kann, habe gute Gründe. Inflation, gestiegene Materialkosten und Lieferengpässe und dergleichen hätten die Preise fürs Bauen in die Höhe getrieben. Und das müsse bei der Bemessung von Versicherungsbeiträgen berücksichtigt werden. „Wäre ein Wohngebäude zu einem fixen Betrag versichert, würde dieser schon nach kurzer Zeit nicht mehr genügen, um einen Totalschaden abzudecken“, erläuterte Brandkassen-Vorstandsmitglied Gerrit Wilken. „Daher sind die meisten Gebäude in Deutschland zum gleitenden Neuwert versichert.“

Wetterphänomene

Der zweite Grund ist, dass Versicherungen langfristig planen und denken. Denn nicht jedes Jahr verläuft so glimpflich wie 2023. So habe es im ersten Quartal dieses Jahres bereits zwei größere Feuerschäden gegeben, die sich auf 2,6 Millionen summieren. Zudem werden aufgrund des Klimawandels in den nächsten Jahren die Extremwetter-Phänomen und damit die Schadensfälle ansteigen. Das besagen jedenfalls die meisten seriösen wissenschaftlichen Prognosen und dafür benötigt eine Versicherung Rücklagen. Ansonsten hätte die Brandkasse kaum eine „Horror-Bilanz“ wie die von 2022 halbwegs glimpflich überstehen können.

Mit einer Eigenkapitalquote von 124 Prozent steht die Versicherung im überregionalen Vergleich gut da. „Diese Rücklagen ermöglichen es der Brandkasse, die Versicherungsrisiken in hohem Maße selbst zu tragen und nur wenig Rückversicherungsschutz ‚einzukaufen‘“, sagte Gerrit Wilken.

Den Vorstandsverantwortlichen ist es wichtig hervorzuheben, dass sie im Gegensatz zu manchen ihrer Kollegen keinerlei Bonus-Zahlungen kassieren. Stattdessen wird das Geld, wie es auch die Satzung vorschreibt, fürs Gemeinwohl in Ostfriesland ausgegeben, beispielsweise für Feuerwehren oder die Verkehrswacht.

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