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Drohkulisse vor Gericht: Zeuge muss aus Saal geschoben werden

Der Prozess gegen einen 52-Jährigen aus Weener geht weiter. Ein Zeuge bedroht die Freundin des Angeklagten

Lesedauer: ca. 2min 53sec
Der Angeklagte aus Weener steht weiter vor Gericht, ein Urteil steht noch aus. Foto: Ute Bruns

Der Angeklagte aus Weener steht weiter vor Gericht, ein Urteil steht noch aus. Foto: Ute Bruns © Bruns ubr

Aurich/Weener Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Aurich setzte mit weiteren Zeugenvernehmungen den Prozess wegen Totschlags gegen einen 52-jährigen Angeklagten aus Weener fort. Ihm wird zur Last gelegt, am 27. Januar einen 37-jährigen Mann in dessen Wohnung neben anderen Verletzungen einen tödlichen Stich ins Herz zugefügt zu haben.

Die Zeugen, die am dritten Verhandlungstag gehört wurden, konnten alle nur etwas zu den Geschehnissen berichten, nachdem die eigentliche Tat bereits passiert war. Sie betraten die Wohnung, als das Opfer am Boden lag. Einer Zeugin war der Angeklagte blutüberströmt entgegengekommen, als sie das Haus betrat. Der 37-jährige Mieter hatte den Angeklagten im Kampf mit einem Fleischerbeil am Kopf verletzt.

Allen Zeugen, zwei von ihnen waren mit dem Opfer befreundet, hatten bei dem 37-Jährigen keine Verletzungen oder Blut gesehen. „Wenn ich gewusst hätte, dass er Stichverletzungen hat, hätte ich Erste Hilfe geleistet“, versicherte ein 41-jähriger Zeuge glaubhaft.

Unterschwellig hatte der Verteidiger im bisherigen Prozessverlauf angedeutet, dass es auch dieser Zeuge gewesen sein könnte, der dem Opfer den tödlichen Stich ins Herz zugefügt habe. Denn dieser Mann hatte bereits als Angeklagter ein Strafverfahren wegen eines Tötungsdelikts durchlebt. Gemeinsam mit einem Mittäter soll er seinen früheren Vermieter in Bremen getötet und zerstückelt haben, so lautete der Vorwurf. Der Prozess begann im Februar 2023 vor dem Landgericht Bremen. Der 41-Jährige war aber nicht in Untersuchungshaft. Er erschien immer pünktlich zu den Prozesstagen, hielt sich aber in der Zwischenzeit bei Freunden in Weener auf.

Zu seiner Zeugenvernehmung wurde er nun doch aus der Untersuchungshaft vorgeführt. Denn das Landgericht Bremen verurteilte ihn im Sommer wegen Totschlags zu zwölfeinhalb Jahren Haft. Der 41-Jährige hat Revision eingelegt. Das Urteil ist also nicht rechtskräftig.

Nach der Vernehmung des 41-Jährigen könnte die Theorie des Verteidigers wie eine Seifenblase zerplatzen. Denn weit und breit ist kein Motiv erkennbar, warum der Zeuge den 37-Jährigen getötet haben sollte. Ganz im Gegenteil: Die beiden Männer verstanden sich gut, hatten ein freundschaftliches Verhältnis. „Wir haben gute Gespräche geführt, hatten den gleichen Musikgeschmack“, erzählte der Zeuge. Im Spaß habe es auch eine Art kleinen Wettstreit darüber gegeben, wer die besten Tattoos hatte. „Er war ein guter Junge, ein feiner Kerl“, beschrieb der Zeuge das Opfer. „Er war ein Mensch, der nie jemandem was zuleide getan hat. Ich habe nie eine Beleidigung aus seinem Mund gehört.“

Er habe dem Opfer aufs Sofa geholfen und noch gefrotzelt. „Ich habe ihm gesagt, dass jeder mal was auf die Fresse kriegt. Ich dachte, es wäre nur eine Schlägerei gewesen“, meinte der Bremer. „Gegen 20.30 Uhr habe ich eine Sprachnachricht bekommen, dass er es nicht geschafft hat“, erinnerte sich der Zeuge. „Sein Tod hat mich sehr getroffen. Ich bin kein Weichei, aber über seinen Tod habe ich zwei Tage geheult.“

Ganz anders agierte in der Zwischenzeit die Freundin des Angeklagten. Sie soll am Nachmittag des 24. September – es war der zweite Verhandlungstag – die Freundin des 41-jährigen Bremers bedroht haben, die ebenfalls dem Opfer in seiner Wohnung geholfen hatte. „Wenn du was Falsches gegen meinen Mann sagst, bist du tot“, soll die Freundin des Angeklagten der 22-Jährigen gedroht haben.

Der 41-jährige Bremer nahm das nicht einfach hin. Als er nach seiner Vernehmung aus dem Gerichtssaal geführt werden sollte, dreht er sich in Richtung des Zuschauerbereichs, in dem die Freundin des Angeklagten saß. „Wenn du meine Freundin noch einmal bedrohst…“, rief der Zeuge und wies mit ausgestrecktem Finger auf die Freundin des Angeklagten. Mehr konnte er nicht sagen, denn die Wachtmeister schoben ihn aus dem Saal.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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Erstellt:
15. Oktober 2024, 14:14 Uhr

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