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15. August 2024, 20:17 Uhr

Ehemaliger Internatsleiter muss ins Gefängnis

Landgericht verurteilt früheren NIGE-Verwaltungschef zu drei Jahren Haft. Er soll fast eine halbe Million Euro veruntreut haben. Das Geld brauchte er für Gespräche mit „Seelenpartnern“.

Lesedauer: ca. 2min 15sec
Das Landgericht in Aurich. Hier stand der ehemalige Verwaltungsleiter des Niedersächsischen Internatsgymnasiums jetzt vor Gericht.

Das Landgericht in Aurich. Hier stand der ehemalige Verwaltungsleiter des Niedersächsischen Internatsgymnasiums jetzt vor Gericht. © Bruns ubr

Aurich/Esens Der ehemalige Verwaltungsleiter des Niedersächsischen Internat Gymnasiums in Esens (NIGE) muss ins Gefängnis. Das Landgericht Aurich verurteilte ihn wegen Untreue in 70 Fällen und Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. „Es liegen besonders schwere Fälle vor“, argumentierte Richter Jan Klein. Es handelt sich um fast eine halbe Million Euro, die sich der 58-jährige Esenser im Zeitraum von 2020 bis 2022 angeeignet hat. Die Kammer ging mit ihrer Entscheidung über die Anträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung hinaus. Beide Seiten hatten auf eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren plädiert.

Einig war man sich darin, dass der Angeklagte mehr als 20 Jahre lang mit Leib und Seele seiner Arbeit nachging. Der Vorsitzende sprach von „vorbildlicher Arbeitsleistung“ und „Identifikation mit dem Arbeitgeber“. „Er hat für die Schule gelebt“, meinte die Oberstaatsanwältin. Ab 2020 fühlte sich der ehemalige Verwaltungsleiter aber zunehmend überlastet. Hinzu kamen Schicksalsschläge im privaten Bereich. Der Esenser entwickelte eine „reaktive Depression“ und Burnout-Symptome.

Die Erkrankung hat ihn in seiner Steuerungsfähigkeit aber nicht eingeschränkt, stellte eine Sachverständige fest. Planvoll und gezielt ging der Angeklagte vor, wenn er anhand verschiedener Methoden Geld vom NIGE und Zahlungen des Landesamtes für Schule und Bildung auf sein privates Konto transferierte.

Von den mehr als 490.000 Euro, die der Einziehung unterliegen, ist nichts übrig geblieben. Das Geld floss an ein Unternehmen in Ungarn, das eine dubiose Webseite betrieb. Dort suchte der Angeklagte „Zerstreuung und Zuspruch“, so formulierte es Richter Klein, in kostenpflichtigen Gesprächen mit „Seelenpartnern“. Dabei entwickelte sich eine „Abhängigkeit“. Das Geld brauchte der 58-Jährige, um den Kontakt aufrechtzuerhalten.

Die Webseite betrieb aber auch Webcams mit sexuellem Hintergrund. „Die Kammer mag daran zweifeln, dass nur Gespräche mit Seelenpartnern in Anspruch genommen wurden“, meinte der Vorsitzende. Letztlich spiele das aber keine Rolle.

Eine wichtige Rolle spielte hingegen für die Kammer, dass sich der Angeklagte „ganz erhebliche Geldbeträge aus öffentlichen Kassen angeeignet hat, die zum Zweck des Allgemeinwohls vorgesehen waren“, betonte Richter Klein. Kritik musste sich aber auch die Schulleitung von allen Prozessbeteiligten gefallen lassen. „Dass es so lange funktioniert hat, hat die Kammer überrascht. Da müssten Optimierungen vorgenommen werden“, so der Vorsitzende.

Die Quintessenz dieses Falles fasste die Staatsanwältin prägnant zusammen: „Der Angeklagte hat dem NIGE geschadet, dem Land, aber auch sich selbst. Er hat das Lebenswerk, für das er brennt, zerstört.“

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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