Ein Meilenstein für die Insel Juist
Ein Gerätehaus, das lange auf sich warten ließ
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Die Außenansicht des neuen Feuerwehrgerätehauses aus südlicher Richtung. Foto: Stefan Erdmann ©
Wenn die Freiwillige Feuerwehr Juist morgen mit einem großen Festumzug zu ihrem Umzug aus ihrem Altbau in der Mittelstraße in ihren Neubau im Zwischendeichgelände startet, dann geht nicht nur für die Aktiven ein großer Wunsch in Erfüllung, eine sich über Jahre hinziehende Geschichte geht endlich glücklich zu Ende. Wohl kaum ein neues Feuerwehrhaus auf einer Insel oder überhaupt in Ostfriesland hat soviel Zeit in Anspruch genommen wie Juist.
Das neue Gerätehaus im Zwischendeichgelände verfügt über drei Übungsräume, die man zusammenlegen kann, womit man knapp 80 Sitzplätze hat, Werkstatt, Atemschutzwerkstatt mit neuem Kompressor, Waschraum mit Waschmaschine und Trockner für die Einsatzkleidung, getrennte Umkleideräume

Gemeindebrandmeister Arend Janssen -Visser (rechts) und sein Stellvertreter Lutz Bohlen freuen sich über die modernen Umkleideräume. © Stefan Erdmann

Die neue Kleiderkammer. © Stefan Erdmann
Da das Haus auch als Notunterkunft bei besonderen Einsätzen gedacht ist, gibt es auch eine Behindertentoilette und ein Aufzug. Herzstück ist eine Fahrzeughalle

Die neue Fahrzeughalle. © Stefan Erdmann
Diese fungieren zugleich als Hausmeister, ebenso steht einer sofort als Maschinist für ein Löschfahrzeug oder die Drehleiter zur Verfügung. Insgesamt verfügt das Haus über 1.010 qm Nettogrundfläche und einem Bruttorauminhalt (Volumen des gesamten Gebäuden) von 5.553 m³.

Teilansicht von Südwesten. © Stefan Erdmann
Gegründet wurde die Juister Wehr bereits 1898 zu einer Zeit, als die großen Hotels und Pensionen entstanden. Das Feuerwehrhaus in der Mittelstraße wurde 1962 mit drei Fahrzeugstellplätzen erbaut, und Anfang der 70er Jahre um zwei Plätze vergrößert. Doch schon in den 80er Jahren tauchten die ersten Probleme auf, die schließlich zu dem jetzigen Neubau führten. Das war in den Jahren, als der heutige Gemeindebrandmeister Arend Janssen-Visser (Jahrgang 1981) gerade das Laufen lernte.
Die Feuerwehrunfallkasse (FUK) bemängelt seit dieser Zeit bei jeder Überprüfung immer wieder bauliche Mängel. Am 3. August 1995 dann der größte Brand in der Geschichte der Wehr, das „Nordsee-Hotel Freese“ stand in Flamen. Erstmalig musste der damalige Gemeindebrandmeister Gerd Rose Hilfe vom Festland anfordern, denn es fehlten gefüllte Atemschutzflaschen. Der kleine Kompressor konnte den Bedarf an Nachschub nicht decken, und für einen größeren fehlte immer der Platz. Ab jetzt bohrte Rose energisch bei Rat und Verwaltung und forderte einen Neubau, für eine Inselfeuerwehr, die auf keinerlei Nachbarschaftshilfe zurückgreifen kann. In jedem Fall fehlte das Geld für einen Neubau, es entstand erst mal ein Anbau mit Atemschutzwerkstatt und Platz für einen leistungsfähigen Kompressor. Im Frühjahr 2004 wurde Thomas Breeden

Thomas Breeden, früherer Gemeindebrandmeister, war maßgeblich an der Entstehung des Neubaus beteiligt. © Stefan Erdmann
Im Sommer 2022 wurde die Druckrohrleitung, die vom Ort zur Kläranlage führte, umgelegt, da sie über das geplante Grundstück für den Neubau lief.
Bereits im Januar 2022 fand bei der Feuerwehr der Wechsel statt: Arend Janssen-Visser wurde neuer Gemeindebrandmeister und löste Thomas Breeden ab. Nach 18 Dienstjahren, was für ihn zugleich 18 Jahre Kampf um den Neubau bedeutete, wollte dieser keine weitere Amtszeit. In einer vielbeachteten Rede wies er auf seiner letzten Hauptversammlung darauf hin, den Bau endlich umzusetzen.
Im Oktober 2022 begannen die ersten Rodungen und Bodenaustausch, der Rat beschloss, den Bauantrag vorzubereiten. Dabei wurde festgestellt, dass die Kosten für so eine Halle auf dem Festland mit rund 3,5 Millionen zu veranschlagen sei, was es auf einer Insel kosten würde, stand noch nicht im Raum. In jedem Fall wollte man keine Metallhalle, sondern ein Gebäude mit inseltypischen Ziegelsteinen, auch wenn dieses nicht die preisgünstigste Lösung sei.
Im August 2023 kam dann die Baugenehmigung vom Landkreis. Im Oktober wurden die Aufträge für die Erd- und Bauhauptarbeiten vergeben, die Erdarbeiten begannen und am 13. November 2023 erfolgte schließlich

Der erste Spatenstich am 13.11.2023 © Stefan Erdmann
Im Februar 2024 folgte die Grundsteinlegung.

Die Grundsteinlegung 20.02.2024 mit Goerges und Janssen-Visser. © Uwe Wunder
Ab Mai 2024 ruhten die Bauarbeiten saisonbedingt,

Der Rohbau des Feuerwehrgerätehauses im April 2024 © Stefan Erdmann
Im Mai musste noch die neue Zufahrt nach Süden zur Umgehungsstraße gepflastert und beleuchtet werden. Leider kam es im Frühjahr zu Verzögerungen bei den Sanitär- und Heizungsarbeiten, weil der beauftragte Unternehmer aus dem Emsland in die Insolvenz gegangen war. Carina Janssen-Visser konnte kurzfristig die Betreibe G + C Heizung-Lüfung-Sanitär-GmbH aus Loquard/Krummhörn und Wilfried Kuttig Heizungs- und Sanitär-GmbH aus Norden dafür gewinnen. Im Juli waren auch diese Arbeiten durchgeführt, nur noch kleinere Restarbeiten standen an.
Der Bau sei gut gelaufen, so das Fazit von Carina Janssen-Visser. Zudem sieht sie die Zukunft des Hauses sehr positiv: „Während der Bauarbeiten gab es einen Brand, einen Sturm- und zuletzt einen Wasserschaden, d.h. die Elemente Feuer, Wasser und Luft sind schon durch.“
Architekt Sven Bünting vom Planungsbüro 3ing stellte zur Einweihung einige interessante Zahlen zusammen: „Es wurden ca. 1.491 qm Kalksandsteinmauerwerk in unterschiedlichen Wandstärken mit einem Gewicht von ca. 63,5 Tonnen vermauert. Die Fassade besteht aus 951 qm Verblendmauerwerk, was 45.648 Steinen entspricht. Es wurde Stahlbeton in einer Menge von 121,5 Tonnen verbaut, welcher vor Ort in einem Zwangsmischer hergestellt wurde.“
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Kreisstabführer Michael Bockelmann hat für morgen gleich drei Feuerwehrmusikzüge organisiert, nämlich von Juist, Middels und Meine (LK Gifhorn) mit insgesamt 51 Musikern, die Aufspielen werden.