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12. Februar 2024, 06:00 Uhr

Eng, kalt und doch sehr besonders in dem Dachstuhl der Ludgerikirche Norden

Ein kleiner Einblick in das Dachgeschoss der Ludgerikirche.

Lesedauer: ca. 3min 02sec
Durch die enge Dachluke geht es ins Gebälk der Kirche.

Durch die enge Dachluke geht es ins Gebälk der Kirche. ©

Norden Manche müssen leider den Rückweg antreten, noch bevor es losgeht. Wer sich nicht angemeldet hat zur Dachstuhlführung in der Ludgerikirche, hat kaum Chancen, noch „mal eben“ mitzukommen. „Das ist der Renner“, sagt Ina Eilts, während sie an diesem Sonnabendnachmittag die 30 vorangemeldeten Teilnehmer auf der Liste abhakt. Seit 2016 lade der Tourismusservice zusammen mit dem Förderkreis Kulturschatz Ludgeri rund um die Karnevalszeit ein, die obersten Etagen und hintersten Winkel des Norder Aushängeschildes zu entdecken – und jedes Mal seien die Führungen sofort ausverkauft, erklärt die stellvertretende Förderkreisvorsitzende.

Die 30 Glücklichen, die sich beizeiten angemeldet haben, sind bei Weitem nicht nur sogenannte Karnevalsflüchtlinge aus dem Ruhrgebiet und vom Niederrhein. Auch etliche Norder wollten schon immer mal wissen, was es treppauf noch zu sehen und kennen zu lernen gibt. Aber selbst 30 Leute sind zu viel – entsprechend erklärt Barbara Klaassen der Hälfte der Gruppe zunächst so ziemlich alles, was unten in der Kirche sehens- und durchaus auch bestaunenswert ist. Wann was gebaut, wann was angeschafft, wann was wie verändert worden ist. Erklärt, warum die Kronleuchter nie geputzt werden müssen und nimmt ihre Gruppe mit in den Fürstenstuhl. Schon mal eine Treppe hoch und auch für die Einheimischen ein erster ganz anderer Blick auf „ihre“ Kirche. Im Hochchor ist Zeit, sich noch einmal zu vergegenwärtigen, dass hier katholische, reformierte und lutherische Elemente in einem Raum vereint sind – umgeben von historischem Klostergestühl.

Wolf-Dietmar Starke ist zu gleicher Zeit mit der anderen Hälfte der Gruppe aufgestiegen. Steinstufen, Holzstufen. Wem unten in der Kirche schon kalt war, der wird schnell merken, dass es weiter oben noch zugiger ist. Und doch mit Ehrfurcht auf die Balken schauen, auf das Gemäuer. „Wer hat einen Hamster?“ Huch, mit der Frage von Starke hat irgendwo schon recht weit oben in der Kirche nun wirklich niemand gerechnet. Keiner nennt das Haustier sein eigen, aber jeder versteht am Ende, was Starke erklären möchte. Wie mit Tretmühlen – ähnlich dem Hamsterrad – Materialien in früheren Jahrhunderten in die Höhe transportiert wurden. Und Starke erläutert weiter, immer die Gäste einbeziehend, was es mit dem verwendeten Muschelkalk auf sich hat, wer den ganzen Bau seinerzeit finanziert hat, welche Steine wo verwendet worden sind.

Je höher es geht, desto enger wird‘s. Kurz vor Ende der letzten Etappe, die sich nicht alle mehr zutrauen, weil es doch immer steiler hinauf geht, hält Starke sicherheitshalber seine Hand hin – damit sich niemand stößt, während er durch eine enge Luke krabbelt. Es ist vor allem der Gesamteindruck, der am Ende bei jedem haften bleibt. Die dicken Balken, die überall kreuz und quer laufen, die mächtigen Steine, die riesigen Gewölbe. Und dann hat Starke noch etwas Besonderes in petto. Nimmt einen langen Stab und öffnet eine Klappe an der Seite. Hat vorher beschrieben, wie es ist, wenn starker Sturm droht. Wie den Druck ausgleichen bei einem Gebäude mit so viel Dachfläche? Dank der Klappen, die an beiden Seiten des Daches sind, kann der Druck ausgeglichen werden – unsere Vorfahren verstanden ihr Handwerk, das wird gerade jetzt deutlich. So eine Klappe ermöglicht dem, der will, einen Blick auf den Marktplatz. Manche gehen den schmalen Gang bis zur Öffnung, knien, um ein ganz spezielles Marktplatzfoto mit nach Hause zu nehmen. Das hat nicht jeder! „Wie hoch sind wir?“ fragt jemand aus der Runde. Die Frage hat Starke befürchtet. „Sehr hoch“! Das muss als Antwort reichen. Wie viele Stufen über der Erde? Manche haben zu Beginn mit-, sich dann aber verzählt. Die Antwort gibt es also erst im nächsten Jahr. Oder: Man bekomme eine Gruppe von zehn Leuten zusammen, dann, sagt Ina Eilts, kann man über den Förderkreis eine Führung buchen und muss nicht auf Karneval 2025 warten. In diesem Sinne: Helau oder Alaaf...

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