Er weiß immer, wo es langgeht
Sportspezialisten Seit 40 Jahren ist Jörg Saathoff als Bahnweiser bei Boßlerinnen von „Noord“ Norden im Einsatz.
Lesedauer: ca. 2min 58secDa gibt es reichlich Trainer, Co-Trainer, Torwarttrainer, Betreuer, Teammanager oder Sportliche Leiter rundherum um die Teams und Einzelkönner im Wettkampfsport. Der KURIER-Sportspezialist des Monats November aber gehört zu einem besonderen Expertenkreis, der national allein auf den Straßen im Nordwesten zu finden ist: Als erfahrener Bahnweiser der Landesliga-Boßlerinnen von „Noord“ Norden weiß Jörg Saathoff immer, wo es langgeht. Dabei zeigt der 57-Jährige ein rekordverdächtiges Rennen. Denn der fachkundige Straßenkenner, Richtungsgeber, Motivator und Analyst in Personalunion legt sich seit nunmehr 40 Jahren für die „Noord“-Frauen ins Zeug.
Gemeinsam mit seinem Mitstreiter Jürgen Holzenkämpfer führte Saathoff das Aushängeschild des Traditionsvereins im Vorjahr zur Vizelandes- und zur Verbandsmeisterschaft. „Das war eine Sternstunde. Wir können diesen Titel verteidigen und dazu auch Landesmeister werden. Unsere Werferinnen sind gut genug dafür“, nimmt der mit 1,96 Metern Körpergröße imposante Mann an der Spitze erneut große Ziele ins Visier.
Erst einmal aber wird er selbst angepeilt. Dort, wo Saathoff steht und damit die Richtung vorgibt, findet die Boßelkugel je nach Straße – ob geneigt, ob rund, ob mit Rille, ob mit Kurve, ob rau oder glatt, ob mit Löchern oder Kanten versehen (und, und, und) – ihre Ideallinie und rollt so am besten und damit am weitesten. Wenn die „Noord“-Frauen sonnabends im ostfriesischen Oberhaus um Punkte und einen Spitzenplatz kämpfen, ist Saathoff zur Stelle. An 18 Punktspieltagen von Oktober bis März. Und das seit satten vier Jahrzehnten. „Mir hat es von Anfang an Spaß gemacht und das ist auch heute noch so“, ist der Bahnweiser mit Herzblut und Leidenschaft unterwegs. Friesensport ist von jeher sein größtes Hobby.
„Wir wurden zum Boßeln mitgenommen und sind damit aufgewachsen“, warf er bereits im Alter von fünf Jahren bei „Noord“ Norden. Das Boßeln zeigten ihm seine Eltern und sein drei Jahre älterer Bruder Gerke. Das Klootschießen erlernte er bei Hans Holzenkämpfer. Boßelwettkämpfe bestritt Saathoff später selbst auf höchstem Niveau bis hin zur Landesliga mit den „Noord“-Männern I oder als zweifacher Landeseinzelmeister. Seine Vielseitigkeit stellte er auch als fleißiger Punktesammler beim Friesischen Mehrkampf unter Beweis. Heute wirft er als Mannschaftsführer mit den Männern III von „Noord“ in der Landesliga.
Seine Mutter Meta begleitete er früher sonnabends bei Punktspielen. Als die „Noord“-Frauen einen Bahnweiser benötigten, sprang der damals 17-jährige Saathoff ein. Von der Ostermarscher ging es später auf die Westermarscher Landstraße als Heimstrecke. Saathoff blieb auf beiden Strecken aktiv und steht dem Team treu zur Seite.
„Jörg ist aus unserer Holzgruppe nicht wegzudenken“, schätzt Mannschaftsführerin Maike de Vries die Rückendeckung. „Er hat die Ruhe weg und gibt uns auch mit seiner Erfahrung Stabilität und Sicherheit.“ Ob Abstieg, ob Aufstieg, ob Landesmeisterschaft 2017 und vieles mehr, Saathoff hat alles gesehen. Während er sich um die erfahrenen Holzwerferinnen kümmert, zeigt Holzenkämpfer den jungen Boßlerinnen mit der Gummikugel die richtige Richtung: „Zusammen sind wir ein eingespieltes Team.“
Auf der Heimstrecke ist der Bahnweiser weniger gefordert, was in der Natur der Sache liegt. Läuft indes zu viel schief, weiß er Zeichen zu setzen: „Da fliegt schon mal die Harke, um sie wachzurütteln.“ Auswärts auf der schmalen Straße von Rahe mit ihren engen Kurven oder in Ihlow wird es manchmal arg schwierig. Sein gutes Auge und sein Vermögen, auf die Eigenheiten seiner Werferinnen zu reagieren, helfen enorm. Im diesmal besonders engen Titelrennen ist höchste Konzentration gefragt. „Noord“ will seine Qualitäten nutzen, denn in der nächsten Saison deutet sich ein Umbruch an.
Saathoff behält die Kugel als Bahnweiser weiter im Blick. „Ein paar Jahre möchte ich schon noch dranhängen“, will er seinen Rekord als ostfrieslandweit bekannte Größe weiter ausbauen. Dabei weiß er die Frau an seiner Seite sehr zu schätzen: „Ich bin meiner Ehefrau Helga dankbar. Sie gibt mir die volle Unterstützung.“