Anzeige

Anzeige

Zum Artikel

Erstellt:
22. November 2023, 09:00 Uhr

Freispruch für drei Norder nach böser Racheaktion

46-Jähriger bezichtigt Ex-Frau und deren Lebensgefährten des Drogenschmuggels

Lesedauer: ca. 2min 45sec
Freispruch für drei Norder nach böser Racheaktion

Manchmal sind die Dinge völlig anders, als sie auf den ersten Blick scheinen. Das bewahrheitete sich im Prozess wegen Einfuhr von und Handel mit Heroin und Kokain, der vor dem Landgericht Aurich verhandelt wurde. Die Selbstanzeige des 46-jährigen Hauptangeklagten, in der er sich selbst, seine Ex-Frau und einen weiteren Mitangeklagten dieser Taten beschuldigte, entpuppte sich nicht als reuevolle Kehrtwende, mit der er reinen Tisch machen wollte, sondern als Rachefeldzug gegen seine Ex-Frau und ihrem neuen Lebensgefährten. Am Ende wurde das Trio aus Norden freigesprochen.

Aus der Haft heraus hatte der 46-Jährige die angebliche Beichte in Briefen an die Ermittlungsbehörden geschickt. Demnach sei er mit seiner Ex-Frau im Zeitraum von 2013 bis 2019 immer wieder mit dem Zug in die Niederlande gefahren, um die Drogen einzukaufen, die das Paar zum Teil selbst konsumiert, zum Teil weiterverkauft habe. Die Frau habe die Geschäfte abgeschlossen und die Drogen in ihrem Körper bei Bunde über die Grenze gebracht. Er selbst habe seine Frau zu ihrem Schutz begleitet. Nach seiner Inhaftierung habe der 56-jährige Mitangeklagte seinen Part übernommen. Insgesamt habe es 48 Fälle gegeben, so hatte er den Ermittlungsbehörden geschrieben.

In den diversen Vernehmungen, die folgten, veränderten sich diese Angaben immer wieder. Vor Gericht sprach der 46-Jährige nur noch von vier bis fünf Fällen, in denen die Drogen zum Eigenkonsum bestimmt gewesen seien. Richter Malte Sanders stellte fest, dass alle Einlassungen des Hauptangeklagten trotz der unterschiedlichen Inhalte eines gemeinsam hatten: Die Angaben waren immer recht allgemein gehalten und nicht gerade von Detailreichtum geprägt. „Ich betreibe eigentlich nie Polizeischelte. Aber die Vernehmung in Bremen ist eigentlich eine Katastrophe gewesen. Es wurde nicht nachgefragt und nichts hinterfragt“, kritisierte der Vorsitzende die Bremer Ermittler.

Es war aber vor allem die sehr emotionale Aussage der mitangeklagten Ex-Frau, die ein völlig anderes Licht auf den Fall warf. Sie berichtete von psychischen und physischen Gewalttätigkeiten ihres Ex-Mannes. Sie war nach einer Langzeittherapie auf einem guten Weg, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, hatte eine feste Arbeit und ließ die Finger von den harten Drogen. Doch ihr Mann habe sich nicht geändert und sie wieder zum Konsum von Kokain überredet. Nachdem sie sich von ihm getrennt habe, wurde sie trotz Kontaktverbots ständig beleidigt, bedroht und misshandelt. „Ich habe ihn immer wieder angezeigt“, sagte die 35-Jährige. Auch ihr neuer Lebensgefährte sei den Aggressionen des Hauptangeklagten ausgesetzt gewesen.

Ihre Angaben konnte sie auch anhand von Chatverläufen belegen. „Ich mache dir das Leben zur Hölle“, hatte ihr Ex-Mann geschrieben. Dass dies keine leere Drohung war, wurde anhand der Schilderungen der Ex-Frau deutlich. Zudem konnte sie anhand von dokumentierten Drogenscreenings nachweisen, dass auch in dieser Hinsicht die Angaben ihres Mannes nicht der Wahrheit entsprachen.

Am Ende waren sich alle Prozessbeteiligten einig, dass die mit der Selbstanzeige aufgestellten Behauptungen nicht auf Tatsachen beruhten. „Es ist deutlich geworden, dass aufseiten des Hauptangeklagten auch deutlich nach der Trennung immer noch starke Hassgefühle gegen seine Ex-Frau vorhanden sind“, sagte Richter Sanders. Und genau darin sei das Motiv für die falsche Belastung gegen die beiden Mitangeklagten zu finden.

Mit dem Freispruch ist der Fall für die Ex-Frau und ihren Freund erledigt. Für den 46-jährigen Hauptangeklagten trifft es nicht zu. „Ich werde gegen Sie ein Ermittlungsverfahren wegen falscher Verdächtigung einleiten“, kündigte der Staatsanwalt Konsequenzen an.

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen