Georg Murra-Regner zeichnet Lebensweg einer jüdischen Familie aus Dornum nach
Der bekannte Autor stellt sein neues Werk vor – Buch ist im Handel sowie in der Buchwerkstatt Hage erhältlich
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Dornum Sein neuestes Buch „Wir lebten in Ostfriesland – Wir sind die Cohens“ stellte Georg Murra-Regner aus Dornum am Freitag im Gemeindehaus in Nesse der Öffentlichkeit vor. Der Autor, der im Februar dieses Jahres für seinen Jahrzehnte langen Einsatz gegen den Antisemitismus mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, hat in der Vergangenheit bereits über 30 Bücher geschrieben. „Etwa 20 Bücher über die Geschichte des Judentums und zehn Bücher über die ostfriesische Geschichte“, sagt er. Große Verdienste erwarb Georg Murra-Regner sich auch bei der Rettung der Dornumer Synagoge vor dem Abriss: Er gründete den Synagogenverein Dornum und ist seit mehr als 30 Jahren deren Leiter. Rund 30 Personen waren zur Buchvorstellung gekommen, die einleitenden Worte sprach Dornums Bürgermeister Uwe Trännapp (SPD).
Mit seinem neuesten Buch löst Georg Murra-Regner ein Versprechen gegenüber seinem Freund Dan Cohen ein. „Nicht nur zusagen, sondern auch tun!“, sagte der Autor und erfüllte damit die Bitte seines 2015 in Pardess Channah, Israel, verstorbenen Freundes ein, über das schwere Leben seiner Familie zu schreiben, um sie vor dem Vergessen zu bewahren. In seinem neuesten, sehr schön zu lesenden, interessanten Buch zeichnet Georg Murra-Regner die verschiedenen, manchmal auch überraschenden, Lebenswege der Cohens auf. Dabei immer ein wenig mit einem Blick auf Dornum und dem gesamten Ostfriesland. Auch den Völkermord an den elf Millionen in den 1940er Jahren in Europa lebenden Juden, der von den Nationalsozialisten in Deutschland bei einem Frühstückstreffen beschlossen wurde, findet Erwähnung in den Vorbemerkungen, auch dass diese Verbrechen in den ersten Nachkriegsjahren kaum im Schulunterricht weder in der Bundesrepublik noch in der DDR vermittelt wurden.
Der alltägliche Antijudaismus war seit Jahrhunderten auch in den kleinen Städten und Dörfern Ostfrieslands verbreitet, aber von den ostfriesischen Juden nicht ernst genommen oder verharmlost worden, schreibt Murra-Regner. Mit dem Neubau von zwölf Synagogen Anfang und Mitte des 19. Jahrhunderts machten die Juden in Ostfriesland deutlich , dass sie sich als dauerhafte Bürger niederlassen wollten. Das Leben der ostfriesischen Dorfbewohner, ob Jude oder Christ, verlief seit Jahrhunderten in den gleichen Bahnen, auch wenn die Herrschaft wechselte. Die französische Besatzung hatte schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts angeordnet, dass auch die Ostfriesen feststehende Häupternamen führen müssten, dabei sollten sich die jüdischen von den nichtjüdischen Namen unterscheiden. So nahm die Witwe Moses Gumperts aus Nesse den Namen Cohen an, weil ihr verstorbene Ehemann der Meinung gewesen sei, er gehöre dem Stamm der Cohanim an. Ihre Nachkommen Hans und Albert Cohen, die Söhne des Kaufmanns Daniel Cohen, wuchsen in Dornum auf. Das war Anfang des 20. Jahrhunderts ein kleines Marktzentrum mit Ärzten, einer Apotheke, einem Hotel und Wochen- und Jahrmärkten. Dabei wurden die Manufaktur- und Kolonialwarenläden sowie die Schlachtereien und Verkaufsläden überwiegend von jüdischen Dorfbewohnern geführt. Bäckereien, Blaufärber, Schönfärber, Friseurgeschäfte und Schuhmacher als Handwerksbetriebe blieben den christlichen Bewohnern vorbehalten. „Das heute weitestgehend leere Zentrum Dornums bestand damals aus mehreren Einkaufsstraßen auch für die kleinen Bauerndörfer in der Nachbarschaft“, so Georg Murra-Regner. Während Daniel Cohen, der Enkel seines gleichnamigen Großvaters, noch im Jahr 1923 zum Dornumer Schützenkönig krönen ließ, nahm das Verhängnis mit der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland seinen Lauf. Welche Wege die Dornumer Cohens fanden, um diese Zeit und den Krieg zu überwinden, steht alles in dem Buch von Georg Murra-Regner.
Das Buch kostet 21,90 Euro. Es ist erhältlich im Buchhandel und bei der Buchwerkstatt Hage sowie beim Autor selbst.