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24. September 2024, 06:00 Uhr

In Wild-West-Manier über die Kreuzung

Nach dem Tod eine Radfahrers: Was macht die L4 an dieser Stelle so gefährlich?

Lesedauer: ca. 2min 41sec
In Wild-West-Manier über die Kreuzung

Norden Der Radfahrer, der am Sonntagnachmittag an der Kreuzung Schoonorther Straße/Woldeweg/Neuwesteeler Straße verunglückt ist, ist noch am Abend im Krankenhaus gestorben. Er war 78 Jahre alt und stammt aus Versmold im Kreis Gütersloh (NRW). Nach Erkenntnissen der Polizei wollte er auf seinem E-Bike die L4 überqueren und übersah dabei einen weißen Dacia, der aus Richtung Norden kam. Es kam zur Kollision, der Mann wurde auf den Boden geschleudert. Weitere Erkenntnisse liegen noch nicht vor.

Ist es wirklich eine Todeskreuzung?

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Im Volksmund heißt die Kreuzung „Todeskreuzung“. Und in der Tat gab es in der Zeit zwischen 2016 und 2020 eine Häufung von schweren Unfällen mit vielen Verletzten. Der letzte schwere Unfall geschah im Jahr 2022, der KURIER berichtete damals darüber.

Schon im Jahr 2017, nach einem Unfall, forderte Osteels Bürgermeisterin Ida Bienhoff-Topp den Bau eines Kreisverkehres. Das geschah zwar nicht, aber die Straßenbaubehörde hatte einiges unternommen, um Verkehrsteilnehmer zu warnen. Stopp-Schilder, eine Tempo-Begrenzung auf 70 Stundenkilometer, erhabene Fahrbahnmarkierungen, die beim Überfahren das ganze Auto rappeln lassen.

20 Minuten, zwei Fast-Unfälle

Wer wissen will, weshalb die Kreuzung gefährlich ist, muss sich nur einmal 20 Minuten den Verkehr dort anschauen:

•Zwei Radfahrer aus Richtung Osteel nähern sich der L4, aus Norden kommt ein Lkw. Der Mann lässt ein Auto durch, spurtet dann kurz vor dem Lkw rüber. Die Frau muss warten. Der Mann hat offenbar nicht mitbekommen, wie eng es war: Sekundenbruchteile.

•Die Autos aus Richtung Greetsiel hoppeln über die Markierungen an die L4 heran. Doch wirklich anhalten am Stoppschild – das macht nur etwa jeder Fünfte. Die allermeisten rollen einfach in die Kreuzung hinein.

•Die Straße gen Norden ist lang und gerade. Die Geschwindigkeit von Fahrzeugen einzuschätzen, die sich frontal nähern, ist extrem schwierig. Man kann sich leicht vertun – auch das kann man beobachten. Mehr als einmal war es knapp.

•Generell: Die Kreuzung ist gut überschaubar. Vielleicht sogar so gut, dass jeder meint, mit einem flüchtigen Blick alles erfassen zu können und sich dann wundern, wo plötzlich das Auto herkommt – das zuvor von einem Busch verdeckt war.

Wer aus Richtung Norden kommt, entdeckt Fahrzeuge mit kleiner Silhouette erst kurz bevor sie die Landstraße erreichen. Dichter Bewuchs entlang der Neuwesteeler Straße und am Woldeweg verdeckt Autos und Radfahrer zum größten Teil. Dies könnte auch dem Radfahrer zum Verhängnis geworden sein.

Rappel-Streifen warnen vor der L4. Doch nicht alle nähern sich langsam.

Rappel-Streifen warnen vor der L4. Doch nicht alle nähern sich langsam. ©

Zum Schluss ist es eine ganz normale Kreuzung von zwei Straßen, die zum Schnellfahren verleiten. Die man gern in Wildwest-Manier rasant passiert.

Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen, dennoch gibt es die Vermutung, dass der verunglückte Radfahrer nicht den Radweg genutzt hat, sondern auf der Autospur in die Kreuzung hineinfuhr und sie diagonal überqueren wollte, um dort auf den Radweg zu fahren. Nebenbei bemerkt: Es ist nicht wirklich ein Radweg, sondern nur eine kurze, plattgefahrene Spur in der Grasnarbe.

Die Landesstraßenbaubehörde in Aurich äußerte sich gestern zurückhaltend zu der Frage, ob es möglich sei, die Kreuzung sicherer zu machen: „Unserer Behörde liegen noch keine näheren Details zum Unfallhergang vor. Eine Erörterung wird in der dafür zuständigen Verkehrs- oder Unfallkommission vorgenommen. Darüber hinausgehende Auskünfte, auch bezüglich möglicher verkehrlicher Änderungen, können wir zum aktuellen Zeitpunkt leider nicht geben“, heißt es auf Anfrage.

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