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23. September 2024, 17:58 Uhr

Landgericht Aurich: Sechs Jahre Haft für Missbrauch an Kindern der Cousine

Einige Taten konnten der Angeklagten nicht nachgewiesen werden, für andere muss sie nun jahrelang in Haft. Laut Richter gingen die Kinder „durch die Hölle“.

Lesedauer: ca. 3min 02sec
Sechs Jahre Haft hieß es am Montag für eine Angeklagte, die gemeinsam mit ihrer Cousine deren Kinder misshandelt hatte.

Sechs Jahre Haft hieß es am Montag für eine Angeklagte, die gemeinsam mit ihrer Cousine deren Kinder misshandelt hatte. © picture alliance/dpa

Aurich/Emden/Hinte Der Komplex um die in Emden misshandelten Kinder, in dem bereits die Mutter der betroffenen Mädchen im Frühjahr zu einer – bislang nicht rechtskräftigen – Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Jahren verurteilt wurde, hat zumindest vor dem Landgericht Aurich ein vorläufiges Ende gefunden. Das Gericht verhängte nun auch gegen die Cousine der Mutter eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren wegen gemeinschaftlich begangener besonders schwerer Vergewaltigung. In drei weiteren Anklagepunkten wurde die 45-jährige Angeklagte aus Hinte freigesprochen. Aber sie muss ein Schmerzensgeld in Höhe von 10000 Euro an eines der damals misshandelte Mädchen zahlen.

„Die letzten Verhandlungstage haben uns noch einmal durch die Hölle geführt, die die Kinder durchleben mussten“, sagte Staatsanwalt Michel Demarczyk in seinem Plädoyer. Das was die Kinder erdulden mussten, habe nicht nur ihr Herz gebrochen, sondern auch das der Zuhörer im Gerichtssaal.

Als das Mädchen, heute eine 24-jährige Nebenklägerin, sechs Jahre alt war, hielt sich die Mutter mit ihren Kindern täglich bei der Angeklagten und deren Mutter schon ab sechs Uhr in der Frühe auf. Die Mädchen mussten das Haus putzen, Einkäufe erledigen und sogar für die Erwachsenen klauen gehen. „Die Kinder gingen nur gelegentlich zur Schule“, stellte Richter Jan Klein fest. Verlief etwas nicht nach der Zufriedenheit der drei Frauen, setzte es vornehmlich von der Mutter ausgeführte Bestrafungen, die fassungslos machten. Die Mädchen wurden geschlagen, gefesselt, in den Keller gesperrt, bekamen nichts zu essen. „Sie haben sich über Jahre ein paar Sklaven gehalten“, sagte der Staatsanwalt in Richtung der Angeklagten. „Ich glaube, da gab es noch mehr.“

Aber dass die Angeklagte involviert war, als die Kinder mit Domestos Steine aus dem Garten schrubben mussten und sich die Nebenklägerin dabei eine Verätzung am Arm zuzog, konnte nicht nachgewiesen werden. Auch ihre Beteiligung daran, dass die Mädchen als Bestrafung für ein nicht Betätigen der Toilettenspülung den Urin der Mutter trinken mussten, war nicht festzustellen. In diesem Punkten war die Angeklagte ebenso freizusprechen wie in einem anderen Punkt. Denn die Nebenklägerin sollte im Alter von 15 Jahren auch der Prostitution zugeführt werden. Doch ein Mitarbeiter des Bordells lehnte die Dienste der Jugendlichen angesichts ihres Alters aber ab.

Die Kammer war aber davon überzeugt, dass die Angeklagte an der besonders schweren Vergewaltigung aktiv beteiligt war. Die drei jungen Mädchen mussten die Frage beantworten, ob sie schon einen Jungen gut finden würden. Die Nebenklägerin sagte damals „ja“ und wurde dafür auf unmenschliche Weise bestraft. Die Mutter riss ihre Hose und Schlüpfer vom Leib und penetrierte ihre Tochter mit dem Griff eines Handfegers bis das Kind blutete. Die Angeklagte hockte oder kniete dabei hinter dem Mädchen, hielt ihr mit einer Hand die Hände fest und schlug ihr mit der anderen ins Gesicht, um die Gegenwehr zu brechen und das Weinen zu unterbinden. „Es war ein gemeinschaftlicher Entschluss, das Mädchen zu bestrafen, weil es einen Jungen gut fand.

Die Angeklagte hatte alle Vorwürfe bestritten. „Es hat mich schockiert, was mit dem Mädchen passiert ist. Ich hätte es nicht zugelassen“, behauptete die 45-Jährige, zeigte dabei aber nicht die geringste emotionale Regung. Ihr Verteidiger argumentierte, seine Mandantin hätte sich gar nicht hinter das Opfer knien oder hocken können, weil sie seit einem Unfall ein versteiftes Knie habe. Das Gericht lehnte es ab, ein entsprechendes medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen. Die Körperhaltungen der einzelnen Beteiligten in dem dynamischen Geschehen seien nicht mehr rekonstruierbar, lautete die Begründung. Der Staatsanwalt hatte einen schlichten, aber schlagenden Einwand: Die Angeklagte habe im Prozess ganz normal mit angewinkelten Beinen auf ihrem Stuhl sitzen können.

Mit der Verurteilung zu sechs Jahren Freiheitsstrafe folgte das Gericht dem Antrag des Staatsanwalts. „Die Rechte der Kinder wurden mit Füßen getreten“, stellt Richter Jan Klein resümierend fest. „Sie waren einer völlig empathielosen und feindlichen Umwelt ausgesetzt.“ Die Nebenklägerin versuchte die erlebte Hölle in mehrjähriger Therapie zu verarbeiten.

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