Landgericht gibt Bewährungsstrafe für Enkelmissbrauch
73-jähriger Großvater muss Sexualtherapie absolvieren
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Die Jugendschutzkammer des Landgerichts Aurich hat einen 73-jährigen Leeraner wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern beziehungsweise Schutzbefohlenen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Der Angeklagte hatte gestanden, seinen zur Tatzeit 12-jährigen Enkel in zwei Fällen im Intimbereich angefasst zu haben.
„Ich kann nur sagen, es tut mir aufrichtig leid, was ich gemacht habe. Ich schäme mich sehr“, beteuerte der 73-Jährige vor Gericht. Sein Enkel war im Februar 2023 bei den Großeltern zu Besuch. Der geistig beeinträchtigte Enkel schlief zwei Nächte lang im Bett des Opas. Der Großvater fragte den Jungen jeweils morgens, ob er kuscheln wolle. Dabei kam es zu den sexuellen Handlungen.
„Der Enkel hat mich gerufen. Er lag mit meinem Ex-Mann im Bett und sagte: ‚Opa hat mich gekitzelt‘“, erzählte die vom Angeklagten geschiedene Großmutter des Jungen. Ohne sich etwas dabei zu denken, fragte sie nach, wo er denn gekitzelt worden sei. „Ich dachte, es sei vielleicht am Fuß gewesen. Dann hätte ich gesagt, das kann ich auch und hätte den anderen Fuß gekitzelt“, beschrieb die Frau die Situation. Doch der Junge sprach von seinem Geschlechtsteil. Ihr Ex-Mann habe daraufhin nur einen Fluch von sich gegeben.
Sie berichtete ihrem Sohn, dem Vater des Jungen, von dem Vorfall, der wiederum die Polizei anrief. Der Angeklagte ging daraufhin zur Polizei, erstattete Selbstanzeige und legte ein Geständnis ab.
Umfangreicher war allerdings das Geständnis, dass der Angeklagte gegenüber seiner damaligen Frau abgab, die ihn zur Rede gestellt hatte. Ihr gegenüber habe der Angeklagte offenbart, dass es in der zum Teil sehr weit zurückliegenden Vergangenheit einige Vorfälle gegeben habe. So soll beispielsweise die zehn Jahre jüngere Schwester des Angeklagten als Kleinkind von ihm missbraucht worden sein. Es steht innerhalb der Familie auch der Verdacht im Raum, dass der eigene Sohn, Vater des missbrauchten Jungen, Opfer des Angeklagten geworden sein könnte. „Ich habe meinem Sohn nie was getan“, brach es aus dem Angeklagten heraus. Die Justiz wird diese Verdachtsfälle nicht mehr aufarbeiten können, weil sie verjährt sind.
Trotz allem schien der Angeklagte eine Mentalität zu entwickeln, den Kopf in den Sand zu stecken. So konnte er sich in seiner Einlassung vor Gericht nur an ein Vorkommnis mit dem Enkel erinnern. Als Richter Bastian Witte ihn mit seinem umfassenden Geständnis bei der polizeilichen Vernehmung konfrontierte, meinte der Angeklagte: „Wenn ich das bei der Polizei so gesagt habe, dann war das wohl auch so.“ Der Vorsitzende zeigte Verständnis. „Die Art und Weise, wie sie das hier eingeräumt haben, ist nicht unüblich“, sagte der erfahrende Jugendschutzrichter. „Das kleinzureden ist ein verständlicher Reflex. Dass die Familie das anders sieht, ist uns bewusst.“ Denn die Familie will mit dem Angeklagten nichts mehr zu tun haben.
Therapeutische Hilfe hat sich der 73-Jährige nie gesucht. „Sie müssen sich aber damit beschäftigen. Das ist für uns der entscheidende Punkt“, betonte Richter Witte. Deshalb hat die Kammer dem Angeklagten als Bewährungsauflage die Pflicht zur Absolvierung einer Sexualtherapie mit auf den Weg gegeben. Außerdem muss er 5000 Euro an seinen Enkel zahlen. „Sie sollten die Auflagen sehr ernst nehmen“, mahnte der Vorsitzende.

