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Mehr als sechs Jahre Haft für 500 Euro Beute

Ein 31-Jähriger überfiel mit einer Schreckschusspistole eine Auricher Spielhalle. Seine Beute war letztlich gering, die Strafe dafür umso höher.

Lesedauer: ca. 2min 39sec
Sechs Jahre und drei Monate muss der 31-Jährige in Haft.

Sechs Jahre und drei Monate muss der 31-Jährige in Haft. © Stromann str

Aurich Vermummt und eine Schreckschusswaffe drohend auf die beiden Mitarbeiterinnen gerichtet, überfiel ein 31-jähriger Auricher am 30. Juni eine Spielhalle in Aurich und erbeutete 500 Euro. Das Landgericht Aurich verurteilte den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten. Von einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sah die Kammer ab.

Der Angeklagte, der 2015 als Flüchtling aus Syrien kam, leidet nach Ansicht eines psychiatrischen Sachverständigen aus einer posttraumatischen Belastungsstörung. Der Angeklagte berichtete, dass er als Kind von seinem Vater in Syrien misshandelt worden sei. 2010 sei er Opfer einer versuchten Vergewaltigung gewesen. Außerdem bestehe gegen ihn in Syrien ein Todesurteil, weil er von der Armee geflohen sei. Er leide an einer Angststörung, die medikamentös behandelt werde. Er nehme aber die dreifache der verordneten Dosis. Vor der Tat habe er Medikamente genommen und Marihuana konsumiert und habe die Taten deshalb im Rausch begangen. Genaue Erinnerung daran habe er nicht.

Umso exakter waren die Erinnerungen der beiden Spielhallenmitarbeiterinnen. Der Angeklagte habe die Waffe durchgeladen berichtete eine der Zeuginnen. Beide Frauen waren nach dem Überfall traumatisiert und eine geraume Zeit arbeitsunfähig. Der Angeklagte hatte sich im Prozess bei beiden Frauen entschuldigt. „Wir glauben schon, dass es dem Angeklagten wirklich leidtut, was er den Zeuginnen angetan hat. Es war ihm ausgesprochen unangenehm, als sie ihr Leid schilderten“, hatte Richter Malte Sanders beobachtet.

Doch vieles andere glaubten weder die Kammer noch die Staatsanwältin. Dafür hatte der Angeklagte im Laufe des Verfahrens zu oft gelogen und sich widersprüchlich verhalten. So behauptete er einerseits, dass er von einem Bekannten erpresst worden sei. Der Mann soll gedroht haben, die Homosexualität des Angeklagten öffentlich zu machen, wenn er ihm nicht 1000 Euro gibt. Um das Geld zusammenzubekommen habe er den Überfall begangen, gab der 31-Jährige als Begründung an. Denn in seinem Kulturkreis sei es eine Katastrophe, als homosexuell zu gelten. Andererseits hatte er einem Bekannten eine Nachricht geschickt, dass ihm Unheil drohe, wenn er den angeblichen Erpresser nicht „anlocken“ würde. Unter diese Nachricht hatte der Angeklagte zwei Fotos seiner Waffe gesetzt.

Es sprachen auch andere Umstände gegen eine von Angst getriebenen Tat. Der Angeklagte hatte den Überfall geplant. Die Bekleidung, die er dabei trug, versteckte er ebenso wie die Waffe in Nähe des Tatortes. Für völlig unplausibel hielt die Kammer auch die Darstellung des Angeklagten, dass die Waffe während des Überfalls nicht geladen gewesen sei. Die Munition habe er erst auf der Flucht eingesetzt. „Die Waffe auf der Flucht zu laden, gibt keinen Sinn“, stellte die Richter Sanders fest.

Es kam hinzu, dass der Angeklagte bereits erhebliche Vorstrafen aufwies, darunter auch Gewaltdelikte. Rund ein Jahr verbrachte er bereits im Strafvollzug. Stationäre Aufenthalte in einer Psychiatrie waren hingegen nicht verzeichnet. „Wir können nicht feststellen, dass die posttraumatische Belastungsstörung oder die Angststörung Auswirkungen auf die Tat hatte“, resümierte der Vorsitzende. Deshalb wurde dem Auricher keine verminderte Schuldfähigkeit zugebilligt. „Wir sehen auch, dass der Angeklagte ein psychiatrisches Thema hat. Die Behandlung muss aber im Rahmen der Vollstreckung stattfinden“, befand Richter Sanders. Der Haftbefehl wurde aufrechterhalten.

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Erstellt:
11. Dezember 2024, 09:22 Uhr

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