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5. April 2024, 06:00 Uhr

Mit Schlagstock und Pistole im Auto unterwegs

Gefährliche Körperverletzung – Geladener Zeuge gibt Falschaussage bei der Polizei zu

Lesedauer: ca. 2min 41sec
Mit Schlagstock und Pistole im Auto unterwegs

Norden Den Verlauf der gestrigen Strafverhandlung vor dem Jugendschöffengericht am Amtsgericht Norden haben sich die Prozessbeteiligten wohl anders vorgestellt. Obwohl der Angeklagte nebst Pflichtverteidiger pünktlich zur Verhandlung erschien, mangelte es am Ende an drei Zeugen – die Verhandlung musste vertagt werden.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft warf dem 19-jährigen gebürtigen Leeraner gefährliche Körperverletzung sowie unerlaubten Waffenbesitz vor. Der Anklage nach soll der junge Mann am 3. September vergangenen Jahres gemeinsam mit einem Kumpel in seinem Auto gefahren sein und im Bereich der Gewerbestraße in Norden ein Auto mit zwei Insassen überholt und dabei einen der beiden mit einer aus dem Fenster gehaltenen Pistole bedroht haben.

Nach dem anschließenden Stopp soll er zunächst der einen Person mit der Faust ins Gesicht, kurze Zeit später die zweite Person mit einem Teleskopschlagstock geschlagen und am Oberschenkel verletzt haben. Die kurz darauf eintreffenden Polizeibeamten fanden bei der Durchsuchung des Angeklagten sowie seines Autos neben dem Schlagstock auch die erwähnte Pistole samt Munition.

Der Angeklagte nutzte die Gelegenheit zur Einlassung und schilderte seine Sicht der Ereignisse. Dabei gab er zu, einen Teleskopschlagstock besessen und im Kofferraum seines Autos mitgeführt zu haben. Er habe diesen im Verlauf der Auseinandersetzung zur Abwehr eingesetzt, da einer der beiden Männer ihn mit einer Eisenstange bedroht haben soll. Die Pistole wiederum sollte seinem Kumpel gehören, der diese im Kofferraum deponiert habe, als beide Stunden zuvor unterwegs waren.

Wie der 19-Jährige denn überhaupt auf die beiden Opfer aufmerksam geworden sei, wollte der vorsitzende Richter wissen. „Wir wollten gucken, ob wir Bekannte an der KGS treffen und haben auf dem Rückweg die beiden Männer gesehen, als sie gerade bei Bening einbrechen wollten“, sagte der Angeklagte. Daher habe man angehalten und die beiden zur Rede gestellt. Dabei soll es zu der Rangelei gekommen sein, bei der eine der beiden Parteien mit der Bedrohung begonnen habe.

Der Staatsanwalt musste die teils sehr ungenauen Schilderungen des 19-Jährigen zweimal hinterfragen. Am Ende zeichnete sich eine sehr unübersichtliche Gemengelage ab bei der zunächst unklar blieb, wer tatsächlich zuerst mit Gewalt drohte und welche Waffe zur Hand hatte.

Daran konnte auch der anschließend vernommene Zeuge nichts ändern, im Gegenteil. Hatte der 18-Jährige bei der Polizei noch umfassend und detailliert ausgesagt, konnte oder wollte er sich im Gerichtssaal an nichts mehr erinnern und wiegelte die damalige Aussage bei der Polizei als falsch ab. „Da habe ich erzählt, was mir berichtet wurde“, sagte der junge Mann. „Ich habe keine Ahnung.“ Auch wolle er keinen Kontakt mehr zu den damaligen Kumpels aus seiner Wohngruppe haben, aus der er einen Monat nach der Tat ausgezogen ist.

Der Vorsitzende „schenkte dem Zeugen in diesem Moment keinen Glauben“, wies stattdessen mehrfach auf die Strafbarkeit einer Falschaussage hin. Dennoch wollte sich der Zeuge an nichts erinnern, hinterließ gar einen spürbar unglaubwürdigen Eindruck im Gerichtssaal. Auch die Frage, ob er möglicherweise aktuell bedroht werde und daher nicht antworten will, verneinte der junge Mann. Ihn erwartet nun möglicherweise demnächst ein eigenes Strafverfahren wegen falscher Aussage bei der Polizei.

Weil drei weitere geladene Zeugen unentschuldigt der Verhandlung fern blieben, verhängte das Gericht ein Ordnungsgeld von jeweils 150 Euro. Als Fortsetzungstermin wurde sodann der 15. April anberaumt.

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