Norderneyer Teegeschichte(n) im Erzählcafé
Diesmal ging es um das ostfriesische Nationalgetränk
Lesedauer: ca. 3min 11secNorderney „Und was ist mit Tee?“ – So manch einer erinnert sich noch an diesen Werbeslogan für ein Haselnusskleingebäck. Was mit dem Tee ist und vor allem was mit dem Tee war, dass gab es am vergangenen Sonnabendnachmittag im Erzählcafé „Dat weetst Du noch“ zu hören. Doch zunächst einmal musste Organisatorin Cornelia Schmidt mit ihrem Helferteam Paul Rass und Anja Krezmin wieder für mehr Plätze sorgen, denn trotz aufkommenden Sturms fanden sich 40 Senioreninnen und Senioren im Martin-Luther-Haus ein. „Wenn das so weiter geht, müssen wir bald anbauen“ meinte Cornelia Schmidt lachend.
Neben den bereits wie üblich für Kaffee, Tee und Kuchen eingedeckten Tischen stand dieses Mal ein weiterer eingedeckter Tisch in der Mitte des Raumes. Passend zum Thema „Ostfriesentee“ war dort das typische Ostfriesenteegeschirr in roter und blauer Variante aufgebaut. Dazu die ebenfalls mit typischem ostfriesischen Dekor gestalteten Besteckteile wie Kuchengabeln, Teelöffel, Kandiszange und Sahnelöffel. Um nach Unterstützung zum Thema Ostfriesentee zu fragen, habe sie mal kurz mit dem Heimatverein te(e)lefoniert, schmunzelte Conny Schmidt und zog das E in telefonieren extra lang. Inke Lührs vom Heimatverein Norderney war der Einladung gefolgt und hatte interessante Informationen über die Geschichte des Ostfriesentees. Im 17. Jahrhundert kam der erste Tee mit der Niederländischen Ostindien-Kompanie nach Europa und durch die enge Verbindung mit den Niederlanden schließlich auch nach Ostfriesland. In dieser Zeit war die Trinkwasserqualität nicht besonders gut und häufig wurde statt Wasser Bier getrunken. Zwar mit weniger Alkoholgehalt als heute, aber dennoch war man froh, mit dem Tee eine bessere Variante bekommen zu haben. Da Tee gleichzeitig anregend aber auch beruhigend wirkt, ohne die Sinne zu benebeln, war es eine gute Alternative zum Bier. Später wurde der Tee mit Sahne und Kandiszucker, dem Kluntje, angereichert, vermutlich, damit das ansonsten kalorienarme Getränk der arbeitenden Bevölkerung auch Energie gab.
Nachdem sich der Tee in Ostfriesland erst mal etabliert hatte, gaben die Bewohner diesen ungern wieder her und so mancher Landesherr biss sich die Zähne aus, wenn er versuchte, Tee zu verbieten. Sogar im 2. Weltkrieg schaffte es das kleine hartnäckige Völkchen an der Nordsee, dass in seiner Region der Tee als Lebensmittel anerkannt wurde und somit über Lebensmittelkarten erstanden werden konnte. In der Nachkriegszeit war Tee ein begehrtes Tauschmittel. Zusammen mit dem Tee kam aus Indien auch das Porzellan nach Deutschland und Anfang des 18. Jahrhundert konnte es auch in Deutschland produziert werden. Die Ostfriesen fanden Gefallen an zwei Dekoren des Dresdner Teegeschirrs der Wallendorfer Porzellanmanufaktur, dem „Blau Dresmer“ mit den blauen Farben und dem „Rood Dresmer“ mit der roten Farbe
Die Teezeremonie, rund um die Zubereitung und dem Trinken des Tees mit Kluntje und der aus der Sahne entstehenden „Wulkje“, wurde im Jahr 2016 von der Unesco als Immaterielles Weltkulturerbe anerkannt. In der Erzählcaférunde gab es auch einige Erinnerungen an den Ostfriesentee. Kinder bekamen von dem stark aufgebrühten Getränk stets eine verdünnte Version, oder gar den 2. Aufguss, der nicht mehr so stark war. Viele in der Runde kannten noch den Spruch der Erwachsenen: „Sonst gibt es eine schlappe Nase“. Eine Erzählcafébesucherin hatte eine alte Teedose mitgebracht, die schon einiges mitgemacht hatte. Mit vielen weiteren dieser Dosen lag sie wohl rund 65 Jahre gut gehütet im Haus und hatten sogar durch eine Sturmflut ins Haus gespültes Salzwasser nicht an den Inhalt durchgelassen. Als man eine Dose davon nach dieser langen Zeit öffnete, war der darin enthaltene Tee, ein Darjeeling, immer noch genießbar. Als Dekoration standen noch weitere Teedosen auf den Tischen und auch ein sogenannter Kluntjeknieper wurde herumgereicht. Früher wurde ein Faden in eine Zuckerlösung gesteckt und es bildeten sich nach einiger Zeit Zuckerkristalle am Faden, die Kluntje. Um von diesem Fadenkluntje einzelne Stücke abzubrechen, nutzte man den Kluntjeknieper. Am Ende des informativen Nachmittages sangen die Besucherinnen und Besucher zusammen das Teelied „Der Tee ist des Ostfriesen Lust“ auf die Melodie „Das Wandern ist des Müllers Lust“. Für jeden gab es zudem vom Norderneyer Teegeschäft „Teeambiente“ gespendete Teeproben als kleines Geschenk. Das nächste Erzählcafé „Dat weetst Du noch“ findet am 3. August statt. Antje Köser