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15. Dezember 2023, 07:00 Uhr

Ostfriesland: Wenn der Schulbus einfach weiterfährt

In der Krummhörn sollen immer wieder Grundschüler an den Haltestellen stehen gelassen worden sein

Lesedauer: ca. 3min 22sec
Dieser Bus hält und lässt Schulkinder ein- und aussteigen. Krummhörner Eltern berichten, dass das nicht immer der Fall ist. Foto: Meret Edzards-Tschirnke

Dieser Bus hält und lässt Schulkinder ein- und aussteigen. Krummhörner Eltern berichten, dass das nicht immer der Fall ist. Foto: Meret Edzards-Tschirnke © Edzards-Tschinke

Das kleine Mädchen ist früh aufgestanden, um rechtzeitig in der Schule zu sein. Es ist kalt und nass, der Niederschlag wechselt zwischen Regen und Schnee. Nur gut, dass es gleich in den warmen und trockenen Schulbus einsteigen kann. Doch, als der Bus laut Fahrplan da sein sollte, passiert nichts. Bloß verspätet ist er nicht, denn obwohl das Mädchen noch wartet, kommt kein Bus. Letztendlich geht es zurück nach Hause und bittet seine Mutter, die gerade zur Arbeit fahren möchte, darum, von ihr zur Schule gebracht zu werden.

Beschreibungen ähneln

sich frappierend

Dieses und viele andere ähnliche Erlebnisse haben in der Krummhörn zuletzt einige Grundschulkinder machen müssen. Das zumindest berichten Eltern dem KURIER.

Dabei geht es nicht nur um Busse, die ausgefallen sind, ohne dass die kleinen Fahrgäste es hätten wissen können. Immer wieder, heißt es, würden Busse zu früh abfahren oder Haltestellen auslassen, wenn sie Verspätung hätten. Auch, dass Busse vorbeifahren, weil sie bereits voll seien, wurde dokumentiert.

Svenja Mennenga und Stefanie Doolmann erklären im Gespräch mit dem KURIER, welche Dimensionen die Probleme mit den Bussen mittlerweile annehmen: „Wenn so etwas mal passiert wäre, würde sich doch niemand beschweren“, sagt Stefanie Doolmann, Fehler würden nun einmal passieren. Aber: „Es häuft sich. Und wir machen uns Sorgen um unsere Kinder, wenn wir nicht davon ausgehen können, dass sie auch wirklich sicher zur Schule kommen.“ Svenja Mennenga pflichtet ihr bei und weist auf ein grundlegendes Problem der Schülerbeförderung hin: „Die Busse fahren, wenn sie denn fahren, ja nur zur ersten Stunde. Wenn ein Kind erst später zur Schule müsste, muss es trotzdem mit dem frühen Bus fahren, denn später fährt nichts.“

Dass die beiden Mütter aus Greetsiel bei Weitem nicht die Einzigen sind, die Fahrplan und Umsetzung kritisieren, beweisen sie anhand von Screenshots aus einer WhatsApp-Elterngruppe. Zahlreiche Eltern berichten hier immer wieder von unschönen Erlebnissen ihrer Kinder auf dem Schulweg. Dabei gleichen sich diese Erlebnisse: Immer wieder sind Busse nicht gekommen oder zu früh abgefahren, sodass kein Einsteigen möglich war. Aber auch das Gegenteil ist schon passiert, als Fahrer an Haltestellen nicht anhielten und Kinder von der nächsten Station aus zurücklaufen mussten. Immer wieder berichtet wird auch von rüdem Verhalten der Fahrer gegenüber den Grundschülern.

Versuche, sich zu beschweren, liefen regelmäßig ins Leere, weiß Stefanie Doolmann. Egal, an wen man sich wende, zuständig fühle sich niemand: „Der Landkreis, der Verkehrsverband Ems-Jade (VEJ) und Weser-Ems-Bus schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu.“

Kreis ist keine Häufung

der Beschwerden bekannt

Für den Landkreis erklärt Lennart Adam, dass man zwar gesetzlicher Träger des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sei und über den Nahverkehrsplan festlege, welche Verkehrsleistungen wo gebraucht würden. Die Fahrpläne würden dann die beauftragten Busunternehmen selbst ausarbeiten und mit dem Landkreis abstimmen. Käme es gerade im Schulverkehr zu auffallenden Häufungen, könnten Sanktionen wie das Aussetzen der Zahlungen erfolgen.

Allerdings sei dem Kreis keine solche Häufung bekannt. Beschwerden, die den Landkreis erreichten, würden aber dem Betreiber, Weser-Ems-Bus, vorgelegt werden mit der Auflage, den Kontakt zum Beschwerdeführer zu suchen.

Die Erfahrungen der Krummhörner Eltern sprechen da eine andere Sprache. Ernst genommen fühlen sie sich nicht, wenn sie sich an den VEJ wenden. Der verweise an Weser-Ems-Bus oder an den Landkreis. Gespräche oder sogar Ortstermine würden nicht stattfinden.

Auf eine entsprechende KURIER-Anfrage hin hat der VEJ allerdings auf eine Stellungnahme von Weser-Ems-Bus gedrängt. Eine Sprecherin der Deutschen Bahn, die Weser-Ems-Bus betreibt, schreibt: „Unser Anspruch ist es, unseren Fahrgästen einen verlässlichen Busverkehr zu bieten. Leider gelingt uns dies nicht immer. Grundsätzlich sind Verspätungen oft verkehrsbedingt geschuldet (Stau, Unfall auf Straße), auf die wir keinen Einfluss haben.“ Bekannte Baustellen und damit einhergehende Änderungen im Busverkehr würden umgehend auf der eigenen und der Webseite des VEJ bekannt gegeben.

Das Verhalten der Busfahrer sei bekannt und intern bereits aufgearbeitet worden. Die Sprecherin weiter: „Die Schilderungen haben uns betroffen gemacht, so etwas sollte nicht sein. Die Haltung der WEB ist klar, wir dulden solches Verhalten nicht.“

Ausweitung der

Taktungen geplant

Untätigkeit oder Desinteresse beim Thema ÖPNV kann man dem Landkreis Aurich übrigens nicht vorwerfen. Lennart Adam verrät: „Im Rahmen einer Ausschreibung plant die Kreisverwaltung eine weitere Verbesserung, und zwar den „Einstundentakt auf den Hauptlinien und den Zweistundentakt auf den Nebenstrecken.“ Sollte das gelingen, würde man aus Sicht von Verwaltung und Politik noch 2024 ein Niveau erreichen, das sonst eher im Umfeld größerer Städte zu finden sei.

Das sind, wenn es denn so kommt, durchaus gute Aussichten für den ÖPNV und auch für den Schülerverkehr.

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