Mit dem Kopf auf den Boden - „Ja, das war too much!“
Zwei Polizisten stehen vor Gericht, weil sie bei mehreren Einsätzen in Emden zu gewaltvoll mit einem Festgenommenen umgegangen sein sollen. Ein Kollege berichtet jetzt differenziert - doch es gab auch grobe Gewalt.
Lesedauer: ca. 2min 55secAurich/Emden Mit den Vernehmungen weiterer Kollegen aus dem Polizeikommissariat Emden setzte das Landgericht Aurich den Prozess gegen zwei Polizisten fort, denen in mehreren Fällen Körperverletzung im Amt zur Last gelegt wird. Aufschlussreich war die Aussage eines 29-jährigen Beamten, der in mehr oder weniger begrenztem zeitlichen Rahmen an allen zur Rede stehenden Einsätzen beteiligt war.
Der Zeuge war Fahrer eines Streifenwagens, der zur Unterstützung zu einem Einsatz am 31. Mai 2021 zur Auricher Straße in Emden gerufen wurde. Ein 21-jähriger Norder hatte im psychotischen Zustand mit einem E-Scooter die Straße befahren, ohne auf den Verkehr zu achten. Es bestand nicht nur Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer, sondern auch für ihn selbst.
Er fühlte sich verfolgt und wehrte sich
Auf Ansprache reagierte der Norder aber nicht. Er fühlte sich verfolgt – auch von den Polizisten. In seinem Wahn war er der Überzeugung, dass sie ihm nach dem Leben trachten würden. Deshalb wehrte er sich mit aller Kraft gegen die polizeilichen Maßnahmen. „Die Kollegen hatten ihn schon am Boden, als wir eintrafen“, berichtete der 29-jährige Zeuge. „Ich habe dem Kollegen gesagt, er soll Handschuhe anziehen, weil der Mann schon geblutet hat.“ Der Norder habe geschrien und wild um sich geschlagen. „Er schrie: Lasst mich am Leben. Er hat viel Nonsens geredet“, erinnerte sich der Zeuge.
Es sei nicht einfach gewesen, den 21-Jährigen in den Streifenwagen zu setzen. Die Gegenwehr habe nicht aufgehört. Die beiden Angeklagten hatten sich zu dem Norder auf die Rückbank gesetzt und alle Mühe gehabt, ihn zu fixieren. „Er wollte aus dem Auto springen – kopfüber wie im Schwimmbad“, so der Zeuge. Der Norder hatte ausgesagt, dass ihm im Streifenwagen Faustschläge versetzt worden seien. Gesehen hatte das der Fahrer des Streifenwagens aber nicht.
Es war ein bisschen mehr als sanft
Er sah aber, was mit dem Norder im Innenhof der Emder Wache passierte. Die Gegenwehr war immer noch heftig, als er schon an Händen und Füßen gefesselt auf dem Boden lag. Mehrere Beamte versuchten, ihn zu bändigen. Der 27-jährige Angeklagte fixierte den Kopf auf dem Boden. „Ich habe gesehen, wie er das Gesicht des Mannes zweimal auf den Asphalt gebracht hat. Ich sage jetzt mal nicht ‚gehämmert‘, aber versucht, den Widerstand zu brechen. Es war ein bisschen mehr als sanftes Zu-Boden-Bringen“, beschrieb es der Zeuge.
An anderer Stelle wurde er auf Nachfrage von Richter Jan Klein noch deutlicher. „Er hat ihm in die Haare gegriffen und den Kopf zu Boden gebracht. Vielleicht war es etwas too much, weil der Mann schon gefesselt war“, sagte der Zeuge. „Ich hatte aber auch Verständnis, weil der Angeklagte ein junger Kollege ist und schon die ganze Zeit genervt wurde.“
Im Treppenhaus ging es etwas ruhiger zu
Entlastet wurde aber der zweite Angeklagte bezüglich eines anderen Einsatzes. Zum zweiten Mal war die Polizei am Vormittag des 20. April 2021 von einer Frau wegen Ehestreitigkeiten zu einer Wohnung in Emden gerufen worden. Ihr aggressiver Mann sollte das Haus verlassen.
Der Ehemann habe auf keine Ansprache der Beamten geantwortet, sondern sei nur hin- und hergelaufen, habe Sachen gepackt und ins Treppenhaus gestellt. Als der Mann die Treppe mit einer Tasche hinunterging, sagte der 33-jährige Angeklagte laut seines 29-jährigen Kollegen: „Du hast noch fünf Minuten Zeit. Wir sind kein Umzugsunternehmen.“ Daraufhin habe sich der Mann umgedreht und in aggressiver Haltung vor dem Angeklagten aufgebaut. „Er hat ihn nur am T-Shirt gepackt und gegen die Wand gedrückt“, beschrieb der Zeuge das Vorgehen des älteren Angeklagten. Schläge und einen Griff gegen den Hals, wie der 52-jährige Ehemann es vor Gericht geschildert hatte, habe es nicht gegeben. Der Prozess wird fortgesetzt.