Prozess am Landgericht: Fahrradkette um den Hals gewickelt
Wegen räuberischer Erpressung und weiterer Delikte ist ein 44-Jähriger angeklagt
Lesedauer: ca. 2min 35secAurich Wenig erfolgreich war ein ursprünglich aus Papenburg stammender Angeklagter, der sich vor dem Landgericht Aurich wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung, Körperverletzung und Wohnungseinbruchsdiebstahl verantworten muss. An die Taten, die sich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen im März in Westoverledingen abgespielt haben, hat der 44-Jährige nach eigenen Angaben so gut wie keine Erinnerung.
Umso besser erinnerte sich der 40-jährige Mann aus Aschendorf, was ihm an jenem späten Abend widerfuhr. Eigentlich wollte er nur einer Bekannten einen Gefallen tun, als er ihr einen mittleren zweistelligen Geldbetrag lieh und sie auch noch nach Westoverledingen kutschierte. „Als ich sie abholte, war noch ein Mann bei ihr. Sie fragte, ob wir ihn mitnehmen könnten“, berichtete der Zeuge. Er hatte kein Problem damit, dass der Unbekannte hinter seinem Fahrersitz Platz nahm. „Er war ruhig während der Fahrt“, erinnerte sich der Aschendorfer.
Doch als er die Frau abgesetzt hatte, schlang ihm der Mann hinterrücks eine mit Stoff umwickelte Fahrradkette um den Hals und verlangte alles Geld des 40-Jährigen. Der Angegriffene wehrte sich nach Leibeskräften. Nachdem es ihm gelungen war, dem Angeklagten, der die Tat nicht in Abrede stellen wollte, an die Kehle zu greifen und die Kette über den Kopf zu ziehen, stieg er aus. Der Angeklagte folgte ihm, schlug mit der Kette, streifte damit aber nur die Autotür. „Ich sagte ihm, dass ich kein Geld habe“, sagte der Zeuge. Erst als er dem Angeklagten sein leeres Portemonnaie zeigte, ließ der von ihm ab. „Er ging dann wütend davon“, beschrieb der 40-Jährige die Szene.
Seiner Bekannten schrieb er von dem Überfall. Aber die meldete sich seitdem nie mehr bei dem Mann aus Aschendorf. „Das lässt den Verdacht aufkommen, dass sie mit dem Angeklagten gemeinsame Sache gemacht hat“, spekulierte Richter Malte Sanders. Der Angeklagte sagte dazu nichts, guckte betroffen nach unten und entschuldigte sich bei dem Zeugen.
Eine Entschuldigung gab es auch für den Mann, der Opfer des Einbruchs war. Dicke Beute hat der Angeklagte aber nicht gemacht, nachdem er ein Fenster mit einem Schraubendreher aufgehebelt hatte und eingestiegen war. Eine leere Geldkassette, eine defekte Uhr und ein Handy im Wert von 126 Euro war alles, was er mitnahm. Der Schraubendreher konnte später sichergestellt werden.
Der Angeklagte war nur wenige Wochen zuvor nach einem Urteil des Amtsgerichts Papenburg zur Bewährung auf freien Fuß gekommen. Eigentlich sollte er sich zu einer Therapie melden. Aber ihm mangelte es für die Fahrt dorthin an Geld, so sagte er. Denn er hatte die Auszahlung zur Haftentlassung wieder in Drogen investiert. Um Unterschlupf zu bekommen, zog er von einem Bekannten zum anderen.
„Ich weiß noch, dass ich ständig wach oder halb wach war“, gab der Angeklagte zu Protokoll. Dieser Zustand war auf den Konsum von Kokain, Ketamin und Benzodiazepine zurückzuführen.
Zwischenzeitlich hatte er es nach einer einjährigen Therapie geschafft, fünf Jahre clean und straffrei zu bleiben. „Meinen Stolz habe ich abgelegt. Es ist so eine Art Selbstaufgabe“, lautete die traurige Selbsterkenntnis des 44-Jährigen. Der Prozess wird fortgesetzt. mari