Schlaganfallpatienten nun auch nach Leer
Eine Gesetzesänderung gibt Rückenwind: Das Leeraner Klinikum startet mit Aufbau der neurologischen Klinik. Die Trägergesellschaft in Aurich kritisiert die Entscheidung scharf und will weiter klagen
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Leer im Glück, die umliegenden Kliniken müssen eine Niederlage einstecken: Das Leeraner Klinikum darf nun mit der Einrichtung einer neurologischen Station beginnen. © dpa
Von Stefan Bergmann
Aurich/Emden/Norden/Leer - Das Klinikum Leer darf eine Schlaganfallstation mit 30 Betten einrichten. Das Klinikum profitiert von einer Änderung des niedersächsischen Krankenhausgesetzes, die unter anderem besagt, dass laufende Klagen gegen die Station keine aufschiebende Wirkung haben.
Mehrere Kliniken hatten gegen die ursprüngliche Genehmigung des Landes Niedersachsen aus dem Januar 2022 geklagt. Sie befürchten durch die neuen Kapazitäten in Leer eine Schwächung ihrer eigenen Standorte. Mit dabei waren unter anderem die Ammerland-Klinik in Westerstede, die Hedon-Klinik in Lingen - und der Klinikverbund Aurich-Emden-Leer.
Emden in Gefahr?
Die Stroke Unit im Emder Klinikum - eine Notfall-Abteilung für Schlaganfall-Patienten - genießt in der Region einen guten Ruf, benötig aber entsprechende Fallzahlen und Zuweisungen. Die neue Konkurrenz in Leer könnte die Zahlen in Emden senken, Klinik-Chef Claus Eppmann sah seinerzeit die „gut funktionierende Versorgung von Schlaganfallpatienten in Gefahr.
Das sehen die Leeraner naturgemäß anders. „Die nächst gelegenen Schlaganfall-Stationen befinden sich derzeit in Emden und Westerstede, doch die Fahrt dorthin dauert für manche Patienten mehr als eine halbe Stunde. Können diese Menschen auch in Leer behandelt werden, verkürzt sich die Zeit, sodass sie entsprechend schneller in die Klinik kommen. Mit jeder gewonnenen Minute sinkt das Risiko bleibender Schäden, wird der Leeraner Geschäftsführer Holger Glienke in einer Pressemitteilung des Klinikums zitiert.
Aurich hält an Klage fest
Die Geschäftsführung der Kliniken Aurich, Emden und Norden schätzt diese Veränderung des Krankenhausplans weiterhin als sehr bedenklich ein, hieß es gestern. Perspektivisch resultier daraus eine Verschlechterung der Versorgungssituation in der Region. Deshalb halte die Trägergesellschaft an ihrer Klage fest.
„Die Einrichtung kleinteiliger Strukturen in hochspezialisierten Versorgungsbereichen wie der Neurologie widerspricht allen dringlich notwendigen Entwicklungen zur Bündelung von Leistungen“, sagt dazu Thomas Büttner, Chefarzt der Emder Neurologie. Die leicht längere Anfahrzeit würden durch die Leistungsfähigkeit und bessere Behandlungsergebnisse der großen Abteilungen in Oldenburg, Westerstede und Emden ausgeglichen, hieß es gestern in einer Stellungnahme der Trägergesellschaft.
Auf die Entscheidung für eine Klinik für Neurologie in Leer hatten der Landkreis und sein Klinikum lange gewartet. Bereits 2014 war ein Antrag beim niedersächsischen Sozialministerium gestellt worden. Auch wenn die ehemaligen Ministerinnen Rund und Reimann das Vorhaben unterstützt hatten, war es vom Krankenhaus-Planungsausschuss mehrfach abgelehnt worden, zuletzt im November 2021. Gesundheitsministerin Daniela Behrens hatte im letzten Jahr dann von ihrem Letztentscheidungsrecht Gebrauch gemacht und grünes Licht für eine neurologische Abteilung mit 30 Betten gegeben. Gegen diese Genehmigung hatten mehrere Kliniken geklagt.
Zentralklinik betroffen
Auswirkungen hat die neue Abteilung vermutlich hauptsächlich auf das Klinikum Emden. Dort werden in 65 Betten Schlaganfallpatienten akut versorgt, aber auch chronische Krankheiten des Nervensystems werden behandelt. Rund 4000 Fälle pro Jahr zählt das Klinikum. Mit Einrichtung der Leeraner Station dürfte diese Zahl sinken.
Doch auch für das neue Zentralklinikum in Georgsheil ist die neue Konkurrenz aus dem Süden schwer zu verkraften.
Es soll eine Maximalversorgung anbieten und ist deswegen auf hohe Fallzahlen angewiesen.