Schmülling verpasst den Titel haarscharf
Großheider Vielseitigkeitsreiterin hat EM-Ticket fast sicher
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Der bislang größte Erfolg. Pia Schmülling ritt bei der Deutschen Meisterschaft in der Vielseitigkeit auf ihrer Stute Evelyn auf den zweiten Platz und hat gute Chancen auf die EM-Teilnahme. ©
Montelibretti – dieser Name zergeht fast auf der Zunge. Die Stadt in Italien, nördlich von Rom gelegen, ist Pia Schmüllings Sehnsuchtsort. Allerdings nicht etwa, um dort in den Sabiner Bergen möglicherweise zu wandern, sondern um bei der Europameisterschaft der Vielseitigkeitsreiter anzutreten. Seit Sonntag ist sie ihrem sportlichen Traum einen großen Schritt näher gekommen. Denn bei der Deutschen Meisterschaft in Luhmühlen erkämpfte sie sich auf ihrer selbst gezogenen Erfolgsstute „For Ever Pleasure“, die allgemein nur Evelyn oder Evi gerufen wird, den zweiten Platz (wir berichteten bereits kurz). „Ich bin überglücklich. Die Vizemeisterschaft fühlt sich unheimlich toll an“, sagte die 20-Jährige gestern am Tag nach der Rückkehr aus der Hochburg der Vielseitigkeitsreiterei.
Der Ostermoordorferin, die für den RV Hesel antritt, fehlte nach der Dressur, dem Geländeritt und dem Springen nur eine Winzigkeit zum Titel, den sich in einem turbulenten Wettkampf mit einigen Ausfällen und vielen Führungswechseln Kaya Thomsen sicherte. Die Tochter des Bundestrainers Peter Thomsen lag in der Endabrechnung mit 34,5 Punkten nur zwei Zehntel vor Pia Schmülling. „Das war ein echtes Wimpernschlag-Finale“, sagte die stolze Silbermedaillengewinnerin.
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Am vergangenen Mittwoch reiste sie mit ihrem Freund nach Luhmühlen in die Nähe von Lüneburg, wo fast jedes Jahr die nationalen Titel vergeben werden. Tags darauf gab es zunächst eine Verfassungsprüfung, die „Evelyn“ problemlos meisterte. Im Dressur-Viereck zeigte sich das Duo zum Auftakt in glänzender Verfassung. Dass sie von den Wertungsrichtern mit 30,7 Punkten nur auf Rang zwölf gesetzt wurde, erstaunte nicht nur die Sportlerin, sondern auch Nachwuchs-Bundesstrainer Frank Ostholt und Landestrainerin Ina Tapken (Ganderkesee). Beide versicherten Pia Schmülling, dass sie bei der Bewertung deutlich zu schlecht weggekommen sei. „Meiner Meinung nach war es die beste Dressur, die wir bislang gezeigt haben“, betonte Schmülling, die erst kürzlich beim Preis der Besten in Warendorf mit Platz vier überzeugt hatte.
Nach der Dressur begann mit einer Begehung des Geländes sofort die Vorbereitung auf den Geländeritt. Knapp 4500 m mussten bewältigt werden, wer dafür länger als acht Minuten und elf Sekunden benötigte, bekam Strafpunkte. „Der Parcours war deutlich schwieriger als bei meiner Drei-Sterne-Prüfung oder der DM im vergangenen Jahr“, war Pia Schmülling mächtig beeindruckt. So musste das Duo unter anderem in eine Senke hineinspringen und schon beim Hochreiten das nächste Hindernis überqueren. Wie hoch die Anforderungen an die Sportlerinnen und ihre Vierbeiner waren, dokumentierte das Ergebnis: Nur Carla Hanser aus Wasserburg blieb mit ihrer 13-jährigen Holsteiner Stute Castagnola im Zeitlimit, das die Ostfriesin um elf Sekunden überschritt. Damit arbeitete sich Pia Schmülling mit ihrer „Evi“ auf den fünften Platz vor.
Vor dem abschließenden Springen am Sonntag lag Hedda Vogler aus Verden in Führung. Ihre Stute Niagara de Champenotte kam aber nicht durch die abschließende strenge Kontrolle, sodass die Titelträume jäh platzten. Pia Schmülling saß schon morgens um 6 Uhr wieder im Sattel, um Evi zu testen. Die Stute zeigte keinerlei Ermüdungserscheinungen, eher im Gegenteil: „Ich musste sie bremsen“, lachte Pia Schmülling, die nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr im August in Norden eine Ausbildung zur Industriekauffrau beginnt.
Das Springen lief für das Duo perfekt. Mit einem fehlerfreien Durchgang – der nur zwei anderen Konkurrentinnen gelang – stürmte Pia Schmülling auf Rang zwei. Anschließend flossen die Tränen. Ihre Großeltern, ihre Cousine sowie ihre beste Freundin, die am Sonnabend angereist war, Springtrainer Ricardo Tabaczec sowie ihr Freund gehörten zu den ersten Gratulanten.
Auch Landestrainerin Ina Tapken, die der Großheiderin zu jeder Zeit mit Rat und Tat zur Seite stand und vor Dressur und Springen bei Evi den Schweif eingeflochten hatte, war begeistert. „Sie meinte, dass man mich bei der Nominierung des EM-Kaders eigentlich nicht mehr übergehen könnte“, freute sich Pia Schmülling über das Lob.