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25. Dezember 2023, 06:00 Uhr

Seehunde: Abstand halten ist die beste Devise

Freiwillige Helfer sind wichtige Mitarbeiter im Nationalpark-Haus Norddeich

Lesedauer: ca. 3min 00sec
Auf dem Speiseplan der meisten Seehunde in der Station steht natürlich reichlich Fisch. Archivfoto

Auf dem Speiseplan der meisten Seehunde in der Station steht natürlich reichlich Fisch. Archivfoto ©

Norden Große schwarze Kulleraugen, eine knuffige Nase und gewölbte Schnurrbarthaare, dazu ein samtig erscheinender Pelz – das alles sind die optischen Merkmale, die einen Meeresbewohner süß und knuddelig erscheinen lassen. Doch der Eindruck täuscht: Der Seehund ist eines der größten Raubtiere Deutschlands. Ein Biß kann verheerende Folgen für das Opfer haben, tummeln sich doch in der Schnauze unzählige Bakterien, die auch eine lebensgefährliche Entzündung hervorrufen können.

Doch was auf den ersten Blick so dramatisch klingt, wird im Normalfall erst gar nicht passieren, denn die Säugetiere mögen am liebsten unter ihresgleichen sein. Den Kontakt zu Menschen scheuen sie, daher predigen Tierschützer und nicht zuletzt die Mitarbeiter der Seehundstation in Norddeich unerlässlich, ausreichend Abstand – mindestens 300 Meter – zu den Tieren einzuhalten und auch beim Auffinden eines vermeintlichen Jungtieres ohne Mutter, dem sogenannten Heuler, keinen Kontakt aufzubauen. „Die wichtigste Regel für Personen, die einen Seehund auffinden und vermuten, dass dieser Hilfe benötigt, ist Abstand halten und die Seehundstation informieren“, sagt Dr. Peter Lienau, Leiter der Einrichtung (Telefon 04931/973330). Hier sitzen die Experten, die sich bei Bedarf um das Tier kümmern.

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Bezogen auf verwaiste Jungtiere, die in Norddeich aufgepäppelt und sodann wieder in die Freiheit entlassen wurden, waren das in diesem Jahr 111 (2022: 199). „Überraschend wenig“, sagt Lienau, der zunächst mit einer viel höheren Zahl gerechnet hat. Schuld im positiven Sinn waren dabei wohl die langen Wochenenden, die in diesem Jahr vor der Hauptgeburtszeit lagen. „Weniger Gäste bedeutet auch weniger Stress für die Tiere, denn der Mensch ist und bleibt im Normalfall der Störfaktor Nummer eins.“ Und nicht überall sind Absperrvarianten umsetzbar, um Menschen von der Kontaktaufnahme mit den Seehunden abzuhalten, so wie beispielsweise an der Ostspitze von Norderney.

171 Tiere wurden in diesem Jahr in der Seehundstation gepflegt und aufgepäppelt, bei Bedarf medizinisch behandelt und anschließend in die Freiheit entlassen. Fotos: Christian Walther

171 Tiere wurden in diesem Jahr in der Seehundstation gepflegt und aufgepäppelt, bei Bedarf medizinisch behandelt und anschließend in die Freiheit entlassen. Fotos: Christian Walther ©

Haben die bis zu 55 Mitarbeiter, darunter 43 Festangestellte sowie bis zu zehn Bundesfreiwilligendienstler (BFD) und zwei Ehrenamtliche im Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ), ein verwaistes Jungtier aufgefunden, kommt es nach Norddeich in die Station. Wird bei Bedarf von Hand mit Fischbrei oder Heringen aufgepäppelt, gegebenenfalls medizinisch behandelt, um dann nach einigen Wochen und bei Erreichen des gewünschten Zielgewichts wieder in die Nordsee entlassen zu werden.

Die ehrenamtlichen Jahresdienste BFD und FÖJ sind für die Seehundstation essenziell wichtig, erklärt Peter Lienau im KURIER-Gespräch. Diese können nach einer Einarbeitungszeit in fast allen Positionen eingesetzt werden – beim Einsammeln von Tieren ebenso wie in der Quarantäne, der Tierpflege oder in der Umweltbildung. Diese ist in den vergangenen Jahren immer umfangreicher und wichtiger geworden. Besucher werden über das Ökosystem Wattenmeer, die Gefahren für Meeresbewohner, beispielsweise durch Mikroplastik, aber auch über den richtigen Umgang beim Auffinden von Seehunden und Kegelrobben informiert. „Nichts zu tun und die Tiere draußen liegen zu lassen ist das Beste, was man tun kann“, so Lienau.

Dr. Peter Lienau leitet die Station seit mehr als 24 Jahren.

Dr. Peter Lienau leitet die Station seit mehr als 24 Jahren. ©

Ist bei den Seehunden zwischen Anfang Mai und Ende Juni die geburtenstarke Zeit, so beginnt diese für die etwas größeren Kegelrobben in den kommenden Tagen rund um Weihnachten. „Wir rechnen zum Fest mit dem ersten Nachwuchs“, sagt der Diplom-Forstwirt. Dann dürfen auch Interessierte wieder die Seehundstation besuchen. Ab dem 26. Dezember öffnen sich täglich von 10 bis 17 Uhr die Türen. Von dieser Gelegenheit haben in diesem Jahr rund 264000 Menschen Gebrauch gemacht, ein Plus von 4000 im Vergleich zum Vorjahr.

Und auch im Waloseum stieg die Zahl der Besucher an. Wurden 2022 noch rund 45000 Gäste gezählt, waren es dieses Jahr 54000. „Wir haben vom Wetter profitiert, denn es hat oft und intensiv geregnet“, sagt Lienau. Im Waloseum in Ostermarsch befinden sich die Quarantäne- sowie die Vogelstation, in der in diesem Jahr an die 1000 Tiere aus 91 Arten gepflegt und aufgepäppelt wurden. Allein die Vögel, die mit der Vogelgrippe H5N1 infiziert sind und entsprechende Symptome zeigen, können nicht in der Station der Tierschützer aufgenommen werden.

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