Sicherungsverwahrung wird immer wahrscheinlicher
Eine Verhaltensänderung des Großheider Angeklagten ist laut Gutachter unwahrscheinlich.
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Großheide Der 51-jährige Großheider, der sich vor dem Landgericht Aurich wegen sexueller Belästigung von Jugendlichen in einer Diskothek in Südbrookmerland verantworten muss, dürfte kaum eine Chance haben, der Sicherungsverwahrung zu entgehen. Das Gutachten des Psychiaters Matthias Eibach machte deutlich, dass es wohl keine Maßnahmen gibt, die eine Verhaltensänderung des Angeklagten herbeiführen und somit zukünftige Sexualstraftaten verhindern könnten.
Obwohl der Angeklagte sich geweigert hatte, mit dem Sachverständigen zu sprechen, konnte Eibach ein umfassendes und keine Fragen offen lassendes Gutachten vorlegen. Dem Psychiater standen dafür nicht nur die aktuelle Strafakte, sondern Urteile und Gutachten zur Verfügung, die bis ins Jahr 1995 zurückreichen.
Im aktuellen Prozess und auch bei einer früheren Begutachtung hatte der Großheider davon gesprochen, dass er unter Albträumen leidet. In diesen Träumen wird er von einem Mann beziehungsweise seinem Vater sexuell missbraucht.
Was der Gutachter zur Biografie des 51-Jährigen vortrug, machte klar, dass die Albträume wohl auf realen Geschehnissen basierten. Die Kindheit des Großheiders und seiner insgesamt elf Geschwister war der reinste Horror, den man kaum in Worte fassen kann. „Es hat in der Familie keinerlei Schranken bei der Sexualität gegeben. Es gab Inzest, der Vater hat die Kinder sexuell missbraucht, auch deren Freunde. Er hat vor ihnen onaniert. Es muss katastrophal gewesen sein“, berichtete Matthias Eibach. Gewalt und Misshandlungen auch gegen die Mutter des Angeklagten seien an der Tagesordnung gewesen. Beide Eltern seien starke Alkoholiker gewesen. Drei der Kinder seien später wegen Sexualdelikten verurteilt worden. Der Vater habe aber nie strafrechtlich belangt werden können, obwohl die Strafverfolgungsbehörden immer wieder Anläufe unternommen hätten.
Auch der Angeklagte war immer wieder wegen verschiedener Sexualdelikte verurteilt worden. Exhibitionismus, sexueller Missbrauch von Kindern und Vergewaltigung gehörten dazu. „Günstig ist eigentlich nur, dass er nicht massive Gewalt angewendet hat“, sagte der Sachverständige mit Blick auf eine Prognose. Der Großheider habe seine eigene Pädophilie nie bestätigt. „Die Realität sagt etwas anderes“, meinte Eibach. Der Angeklagte hatte eine Zeit lang eine 14-jährige Freundin, die mit ihm zusammenlebte und von ihm geschwängert wurde.
Die sexuelle Präferenz der Pädophilie ist aber nicht das einzige Problem. Bei dem 51-Jährigen wurde eine leichte Intelligenzminderung ebenso diagnostiziert wie Alkoholmissbrauch, Exhibitionismus und eine dissoziale Persönlichkeitsstörung. Einmal wurde er in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Doch der Therapieversuch schlug fehl. „Ich sitz das hier nur ab“, soll der Angeklagte damals gesagt haben. Schließlich ging es zurück ins Gefängnis. Auch andere Hilfsangebote wie betreutes Wohnen lehnte er rundweg ab. Erteilte Auflagen und Weisungen wie Alkoholabstinenz und Fernhalten von Aufenthaltsorten von Kindern und Jugendlichen missachtete der Angeklagte immer wieder. „Was man therapeutisch versucht hat, hat alles nicht funktioniert. In den letzten 27 Jahren hat alles, was man anbieten kann, nicht funktioniert“, resümierte der Sachverständige. Zudem bestünde ein extrem erhöhtes Risiko für zukünftige Sexualstraftaten.
Für eine Unterbringung in einer forensischen Klinik lägen die Voraussetzungen nicht vor, so der Gutachter. Denn als der Angeklagte den Jugendlichen in der Disko-Toilette sexuell nötigte, sei er trotz seiner Alkoholisierung nicht vermindert schuldfähig gewesen.
Der Prozess wird fortgesetzt.