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17. Mai 2024, 09:00 Uhr

Strafprozess in Norden: Drei Angeklagte wegen Raub verurteilt

Ein spontaner Raub in Norden, eine schwerbehinderte Frau wird zum Opfer und zerstörte Freundschaften:drei Angeklagte – alle Details und das Urteil des Gerichts.

Lesedauer: ca. 3min 21sec
Amtsgericht Norden

Amtsgericht Norden © Bruns ubr

Norden Gleich drei Angeklagte mussten sich am Donnerstag dem Vorwurf des Raubes stellen. Die Angeklagten sind dabei bereits bekannt: Zusammen haben sie insgesamt 43 Vorstrafen. Quasi alte Bekannte im Gericht. Jetzt wurden zwei von ihnen zu Freiheitsstrafen auf Bewährung und der 35-jährige Hauptangeklagte zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Aus einer Lektion wird Raub

Am 25. April 2023 soll der Raub stattgefunden haben. Die Angeklagten betraten die offene Wohnung und bedrohten das sich dort befindende Opfer und ihren Verlobten. Dem Opfer soll auf den Kopf geschlagen worden sein und zudem habe der Hauptangeklagte ihr mehrfach ein Glas mit Cola in das Gesicht gekippt. Unter Androhung von Gewalt wurden die beiden im Wohnzimmer von den Mitangeklagten festgehalten, während der Hauptangeklagte das Schlafzimmer der Wohnung nach Wertgegenständen durchsuchte.

Die Angeklagten erbeuteten zwei Spielekonsolen und zwei Smartphones, sowie eine Tasche. Diese versteckten die Angeklagten anschließend auf einem Dachboden, da sie mit einer Durchsuchung der Polizei rechneten. Bis auf eine der Spielekonsolen, die laut dem Hauptangeklagten zum Zeitpunkt der Durchsuchung bereits verkauft worden sei. Der Rest der Beute konnte dem Opfer zurückgegeben werden.

Hauptangeklagter scheint belustigt

Nachdem die Anklagepunkte vom Gericht verlesen wurden, scheint der Hauptangeklagte eher belustigt: Schneidet Grimassen in Richtung seiner Frau, die als Zuhörerin im Saal sitzt und gestikuliert. Dabei war er bereits im Gefängnis, der Justizvollzugsanstalt Oldenburg, und wurde in Handschellen zum Termin nach Norden gebracht.

Spontan zum Stutzen vorbei gekommen

„Wir sind spontan auf die Idee gekommen“, schilderte einer der Angeklagten seine Sicht der Geschichte. „Wir sind mit dem Gedanken dahin gegangen, sie zurechtzustutzen“, erzählte er seine Sicht weiter. Denn das Opfer, welches über eine Freundin mit den Angeklagten befreundet war, habe öfter Kommentare und Beleidigungen abgegeben, „die unter die Gürtellinie gehen“. Dementsprechend gab er die Tat zu. Nur verletzt habe er niemand. „Wir haben nur gedroht“.

„Wir haben das Opfer zur Sau gemacht“, bestätigte auch der weitere Mitangeklagte den Verlauf der Tat und räumte seine Mittäterschaft ein. Auch er bestritt, dass Gewalt angewandt wurde: Denn bevor es zu einem späteren Zeitpunkt dazu kommen konnte, war das Opfer bereits umgezogen. Dass es mehr als eine Spielekonsole gegeben haben soll, bestritten beide.

Der Hauptangeklagte gab ebenfalls die Tat zu, belastete aber seine Mitangeklagten stärker. Einer der beiden habe das Opfer durch die offene Tür auf einen Staubsauger geschubst und ihn dazu aufgefordert, die Wohnung nach Wertsachen zu durchsuchen. Zudem ging er näher auf die Beleidigungen des Opfers ein. Denn diese soll sein ungeborenes Kind verunglimpft haben.

Theoretisch hätte an dieser Stelle bereits das Gericht ein Urteil fällen können, denn alle drei Angeklagten haben die Tat gestanden. Für das Gericht war es jetzt noch wichtig, die Schwere der Tat zu ermitteln.

Opfer habe nicht alles wieder zurückbekommen

Hierfür wurden das Opfer und ihr Verlobter in den Zeugenstand gerufen. Bei ihr handelt es sich um eine junge, schwerbehinderte Frau. Die es selbst faustdick hinter den Ohren hat, wie der Anwalt des Hauptangeklagten feststellend sagte. Denn während sie ihre Sicht der Tat schilderte, wirft sie dem Gericht vor, dass die zweite Spielekonsole nicht zurückgegeben worden sei. Da half es auch nicht, dass der Richter ihr die Quittung mit ihrer Unterschrift, die die Übergabe der beschlagnahmten Beute bestätigte, zeigte. Sehr zur Belustigung der Angeklagten.

Die Zeugin berichtete auch von einer weiteren, vorangegangenen Tat gegen sie: Der Hauptangeklagte soll vor Ostern 2023 mehrere Scheiben ihrer Wohnung eingeworfen haben, woraufhin ihr, jetzt Ex-Mann, in die Psychiatrie musste. „Der hat sich in das Krankenhaus verpisst und mich alleine gelassen“, machte sie sich Luft.

Angeklagte bekommen unterschiedliche Strafen

Nachdem das Opfer und ihr Verlobter angehört wurden, plädierte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft darauf, dass es ein klassischer Raub sei. „Zudem zeigen sich die Angeklagten eher amüsiert über die Verhandlung. Reue, sehe ich hier nicht.“ Für die Verteidiger handelte es sich jedoch um einen minderschweren Fall.

Das Schöffengericht konnte die Argumentation in beide Richtungen nachvollziehen: Denn es handelt sich um einen Diebstahl unter Gewaltandrohung, jedoch fehlte aus Sicht des Gerichts die Intention eines Raubes. Es gab auch persönliche Motive für die Tat.

„Die Angeklagten wollten dem Opfer eine Lektion erteilen und sind anschließend erst auf die Idee gekommen, die Wertgegenstände mitzunehmen“. Bei dem Hauptangeklagten wurde zudem die Strafe für eine Tat im Oktober mit eingerechnet, sodass er insgesamt zwei Jahre und vier Monate Freiheitsstrafe bekam. Die Mitangeklagten bekamen einmal neun Monate mit drei Jahren Bewährung und ein Jahr Freiheitsstrafe, ebenfalls auf Bewährung. Hinzu kommen 80 Sozialstunden.

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