Tourismus in der Krummhörn: Herausforderungen und Zukunftsaussichten
Die Krummhörner betonen in Tourismus-Diskussion: Gäste sind immer willkommen
Lesedauer: ca. 3min 38secGreetsiel Die öffentliche Vorstellung der Akzeptanzstudie zur aktuellen Situation des Tourismus in der Krummhörn hat deutlich gemacht, wie komplex die Lage ist. Trotz der Bedeutung des Themas blieb die Bürgerbeteiligung bei der Veranstaltung in Greetsiel überraschend gering. Lediglich wenig Interessierte fanden sich ein, darunter zum größten Teil lokale Ratsmitglieder fast aller Parteien, Ehrenamtliche, die sich für den Tourismus engagieren, und Geschäftsleute aus Greetsiel. Die geringe Resonanz kontrastierte mit den aus der Studie präsentierten Ergebnissen, die im Nachklang für nachteilige Stimmen in den sozialen Netzwerken gesorgt hatten: Die von der Jade Hochschule Wilhelmshaven durchgeführte Studie, die auf der Befragung von 798 Haushalten basiert, beleuchtet die Spannungen zwischen Tourismus und Lebensqualität.
Fast 60 Prozent der Befragten empfinden die Anzahl der Touristen in der Krummhörn/Schwerpunkt Greetsiel als zu hoch. Die negativen Folgen seien unübersehbar: exorbitante Immobilienpreise, steigende Mieten, knapper Wohnraum, ein überfüllter Ort und Parkplatzmangel. Gleichzeitig wird anerkannt, dass der Tourismus eine wirtschaftliche Lebensader für die Region darstelle. Angebote wie eine gut ausgebaute Gastronomie, Freizeitmöglichkeiten und medizinische Versorgung sind ohne die Einnahmen aus dem Tourismus kaum denkbar. Ortsvorsteher Alfred Jacobsen betonte, dass unsachliche Diskussionen, besonders in sozialen Medien, das Bild der Region negativ zuletzt verzerrt hätten. Die daraus resultierende Stimmung sorge für ein schiefes Licht, das nicht der Realität entspreche. „Gäste waren und sind bei uns immer willkommen“, so der Greetsieler Ortsvorsteher.
Professor Dr. Enno Schmoll von der Jade Hochschule Wilhelmshaven, der die Studie öffentlich vorstellte, erklärte, dass der Konflikt zwischen Einheimischen und Touristen kein neues Phänomen sei. „Es handelt sich um ein globales Thema, das auch Regionen wie Mallorca oder Venedig beschäftigt und schon Jahrzehnte für Unmut sorgt.“ Schmoll hob hervor, dass der Tourismus nicht nur Belastungen, sondern auch Vorteile für die Region bringt, von wirtschaftlicher Stabilität bis hin zu einer besseren Infrastruktur. Gleichzeitig warnte er jedoch vor den negativen Einflüssen des sogenannten „Instagramability“-Effekts. Bilder von malerischen Orten wie Greetsiel verbreiten sich in sozialen Medien und führen zu einem enormen Anstieg von Tagesgästen, die die Kapazitäten des kleinen Fischerdorfes an überfordern.
Die Greetsieler Erklärung, die von führenden Lokalpolitikern unterzeichnet wurde, möchte ein Gegengewicht zu den teils harschen Einzelmeinungen im Internet setzen. Deren Unterzeichner sind neben Bürgermeisterin Hilke Looden (parteilos), Benjamin Buse-rath (Vorsitzender Tourismus) und Alfred Jacobsen (Ortsvorsteher Greetsiel, Aufsichtsratmitglied, SPD) auch die weiteren Mitglieder des Aufsichtsrats: Garrelt Agena (Die Grünen) , Frank Schoof (Fbl) und Ralf Ludwig (SWK). Die Erklärung betont, dass Gäste ausdrücklich willkommen geheißen werden. Gleichzeitig betont die Erklärung die Notwendigkeit einer differenzierten Diskussion, um langfristig eine Lösung für die Herausforderungen zu finden, die Anwohner als störend empfinden.
So stach als besonderer Kritikpunkt der Veranstaltung der Tagesgäste-Tourismus hervor. Jakob Jacobsen vom Fremdenverkehrsverein Greetsiel machte deutlich, dass dieser in den Stoßzeiten erhebliche Belastungen verursache. „Es gibt ältere Menschen in Greetsiel, die sich an vollen Tagen nicht mehr auf die Straße trauen“, sagte er und fügte hinzu, dass bisher keine konkreten Lösungen zur Regulierung gefunden wurden. Bürgermeisterin Hilke Looden ergänzte, dass viele Tagesgäste aus der Region selbst kommen, etwa aus dem Emsland oder auch aus dem nahen und weiten Umland. Sie plädierte dafür, die Verkehrsströme zukünftig besser zu lenken und Maßnahmen zu entwickeln, die die Aufenthalte der Gäste angenehmer gestalten, ohne die Lebensqualität der Einheimischen zu beeinträchtigen.
Die mangelnde Verfügbarkeit von Wohnraum wurde als eins der zentralen Probleme hervorgehoben. Gerade Angestellte in der Gastronomie und Hotellerie hätten oft Schwierigkeiten, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Um dem entgegenzuwirken, sei ein städtebauliches Entwicklungskonzept erforderlich, das sowohl die Bedürfnisse der Einheimischen als auch die Anforderungen des Tourismus berücksichtigt. „Das ist in Arbeit“, wie die Krummhörner Bürgermeisterin betonte.
Touristiker Benjamin Bu-serath präsentierte Ansätze zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, führte hierfür als Idee das Projekt „Emmi-Mobil“ an. Dieses Konzept, das auf kleinen Elektrobussen basiert, könnte insbesondere den Tagesgäste-Verkehr entlasten. Über eine App sollen Gäste virtuelle Haltestellen anfordern können, wodurch der Einsatz der Busse flexibel gestaltet werden kann. Erste Erfolge des Projekts in einer anderen Region, wie im Oberallgäu, seien vielversprechend.
Die Diskussion zeigte eindrucksvoll, wie schwierig der Balanceakt zwischen Tourismus und Lebensqualität ist. Bürgermeisterin Hilke Looden betonte, dass die Region nicht unattraktiv für Gäste werden dürfe, da die Einnahmen aus dem Tourismus entscheidend für die Infrastruktur und das Angebot vor Ort für die Einwohner seien. Gleichzeitig sei es wichtig, die Probleme anzupacken, bevor sie die Lebensqualität der Einheimischen weiter beeinträchtigen. „Es darf nicht passieren, dass Gäste sich nicht willkommen fühlen, aber gleichzeitig müssen wir auch an unsere Einwohner denken. Wir müssen das Miteinander fördern und Lösungen für alle entwickeln“, erklärte Looden.
Am Ende bleibt die Botschaft klar: Greetsiel und die Dörfer in der gesamten Krummhörn wollen weiterhin ein attraktives Ziel für Gäste bleiben, dabei aber auch die Bedürfnisse der Einheimischen stärker berücksichtigen. Die vorgestellten Ansätze und Diskussionen sind erste Schritte auf dem Weg zu einer nachhaltigen Lösung – doch es werden weitere Anstrengungen und ein kontinuierlicher Dialog gebraucht, um die Zukunft des Tourismus in der Region erfolgreich zu gestalten.