Unheilvolle Hinweise vor der Tat: Angeklagter setzt Medikamente ab – Freunde berichten
Vor dem gewaltsamen Tod in Hage fiel Freunden auf, wie sich das Verhalten des Angeklagten ohne Medikamente rasant verschlechterte
Lesedauer: ca. 2min 47secHage Es war eine entsetzliche Entdeckung, die ein 29-jähriger Handwerker am Morgen des 23. Januar machte. Der Norder wurde an einem Haus in Hage auf eine zerstörte Katzenklappe aufmerksam und sah durch die Öffnung eine Frau reglos am Boden liegen. Er ahnte nicht, dass sie schon seit mindestens einem Tag tot war. Vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Aurich, die gegen einen 32-jährigen Hager wegen Totschlags verhandelt, schilderte der Norder, dass die Entdeckung auf Zufall beruhte.
Der Handwerker führte Arbeiten in einem anderen Teil des Dreifachhauses durch. Dieses Haus gehörte dem Bruder des Opfers. An jenem Montag wurden Abrissarbeiten durchgeführt. „Wir haben den Schutt in Container geworfen. Deswegen musste ich immer wieder an den Häusern vorbei“, berichtete der Zeuge. Dabei fiel ihm die zerborstene Katzenklappe auf. „Teile der Katzenklappe lagen draußen auf dem Podest vor der Haustür“, erinnerte sich der Zeuge an die Details.
Als er die Frau erblickte, sei er erschrocken und habe einen Krankenwagen gerufen. „Man hat mir gesagt, dass ich die Tür öffnen und nachsehen soll, ob es noch Lebenszeichen gibt“, fuhr der Handwerker fort. Er versuchte, die Tür gewaltsam aufzubrechen, bekam sie aber nicht auf.
Die Bewohnerin, die leblos am Boden lag, hatte er nur einmal getroffen. „Sie kam ins Haus auf unsere Baustelle. Sie hat sich vorgestellt und war freundlich. Sie wollte nur wissen, wie lange die Arbeiten noch dauern“, beschrieb der Norder die Situation. Die Frau habe angeschlagen und nicht frisch ausgesehen.
Aufgefallen war ihm auch ein Fahrrad, dass am Podest vor den Stufen zur Haustür stand. Es scheint inzwischen gesicherte Erkenntnis zu sein, dass dieses Fahrrad dem Angeklagten gehört.
Das Gericht befragte auch drei Freunde und Bekannte aus dem Umfeld des Angeklagten. Alle wussten, dass der Angeklagte Psychopharmaka nehmen musste. Auch wenn ihnen nicht ganz klar war, welche Krankheit für die medikamentöse Behandlung ursächlich war, schien ihnen doch bewusst, dass die Tabletteneinnahme wichtig war.
Zwei der Freunde berichteten, dass der Angeklagte, der an einer paranoiden Schizophrenie leiden soll, die Tabletten „von einem auf den anderen Tag“ abgesetzt hatte. Allerdings waren sie sich über den Zeitpunkt nicht einig. Ein Freund, bei dem der Angeklagte auch öfter übernachtete, glaubte, dass die Medikamentenverweigerung schon im Sommer stattgefunden habe.
Alle bemerkten aber, dass sich das Verhalten des Angeklagten ohne die Medikamente rasch veränderte. Besonders schlecht sei es dem Angeklagten eine Woche vor der Tat gegangen. „Er war zurückhaltend und hat vor sich hin gebrabbelt. Er hat mit sich selbst gesprochen“, sagte der Zeuge. Er habe nicht so richtig verstanden, was der Angeklagte vor sich hingemurmelte. Es könne sein, dass sich der 32-Jährige als „Gott“ bezeichnet habe.
Am Sonntag, der Tag vor Entdeckung der Getöteten, sei der Angeklagte gegen Nachmittag zu Fuß zu ihm gekommen. Das sei schon ungewöhnlich gewesen. „Er kam sonst immer mit dem Fahrrad. Darauf hat er auch aufgepasst und es abgeschlossen“, wusste der Zeuge. Den Mund habe der Angeklagte nicht aufgekriegt. „Man hat keine Antwort auf Fragen bekommen“, so der Freund.
Eine Bitte habe der Angeklagte aber gehabt. „Er hat gefragt, ob ich seine Sachen mitwaschen könnte. Es ging um seine Hose, ein Hemd und einen Kapuzenpulli“, war sich der 46-Jährige sicher. Etwas Auffälliges habe er an den Kleidungsstücken nicht bemerkt. „Die Polizei hat die Sachen mitgenommen, als sie am Dienstag bei mir war“, sagte der Zeuge.
Der Prozess wird fortgesetzt.