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23. Januar 2024, 06:00 Uhr

Unsicherheit, Unmut und ganz viel Wut

So gut steht es wohl nicht um das Norder Rest-Krankenhaus. Insider berichten von chaotischen Zuständen und sehr viel Unsicherheit.

Lesedauer: ca. 3min 27sec
Unsicherheit, Unmut und ganz viel Wut

Norden Befristete Arbeitsverträge wurden nicht verlängert, unbefristet Beschäftigte wissen nicht, wie es weitergeht. Erst jüngst wurde bekannt, dass die Pförtner in Norden ihre Stelle am Krankenhaus verlieren. Nicht wenige von ihnen Schwer-, Schwerstbehinderte, die nach Jahrzehnten ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Die Situation auf der Palliativstation ist angespannt, weil auch dort vor allem eines klar ist: Keiner weiß, wie es weitergeht. Unsicherheiten überall, Ängste und Sorgen.

„Die Hausärzte wissen nicht, ob sie noch Patienten hierher schicken können“, erzählt jemand aus dem Krankenhausbetrieb, der nicht genannt werden möchte. Auch das ist ja längst gängige Praxis: Wer hier arbeitet, darf nichts erzählen. Nur die Geschäftsführung, heißt es in einem Schreiben, das dem KURIER vorliegt, organisiere die Öffentlichkeitsarbeit. Verstöße gegen diese Regelungen müssten arbeitsrechtlich geahndet werden – zum Beispiel nicht autorisierte Interviews oder sonstige unautorisierte Presseaktivitäten. Die Pressestelle aber reagiert auf Anfragen, wenn überhaupt, oft nur mit ausweichenden Antworten, so war es auch in Bezug auf die ab März an der Norder Pforte nicht weiter Beschäftigten. Informationen, auch interne Abläufe betreffend, gebe es – wenn nicht aus der Presse – dann ausschließlich über den „Flurfunk“. Auch ärgern sich die niedergelassenen Ärzte, da diese nicht wüssten, ob überhaupt noch Patienten ins Krankenhaus geschickt werden könnten. Nicht verwunderlich, dass neben Krankenhausmitarbeitern auch Haus- und Fachärzte in und um Norden verärgert sind, weil sie nicht wissen, ob sie überhaupt noch Patienten in die bisherige Ubbo-Emmius-Klinik Norden schicken können. Wie schon berichtet, ist nach Angaben von Mitarbeitern des Norder Restkrankenhauses längst nicht immer, wie eigentlich vorgesehen, ein Arzt im Haus, die Notaufnahme eben nicht von 8 bis 18 Uhr ausreichend besetzt.

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Gerade die älteren Mitbürger der Stadt und näheren Umgebung litten sehr, ist zu hören. Die sich gerade in dieser Zeit mit dem Auto noch innerhalb Nordens trauten, mit dem Auto zu fahren, aber nicht bis nach Aurich. „Und ein Taxi kostet für eine Strecke zwischen 100 und 120 Euro“, haben Norder Klinikmitarbeiter in Erfahrung gebracht. Was sich längst nicht jeder leisten kann… Nichts passt offenbar, denn, auch das wurde erzählt, der über die Telefonnummer 116117 zu wählende Notruf verweise durchaus nicht selten an die Norder Klinik – die aber ja keine Klinik mehr sei. Chaos pur?

Hochschwangere, die von Aurich nach Leer nach Westerstede weitergeschickt werden, weil nirgendwo Platz sei, Bürger, Bürgerinnen, die eben doch in Norden vor der Tür stehen, weil sie nicht wissen, wohin und keine Möglichkeit haben, nach Aurich oder Emden zu kommen – die Fälle gebe es viel häufiger als gedacht, berichten Beschäftigte vor Ort.

Um die Palliativstation sorgt sich zudem der Förderverein, der seit 2010 mit Gründung der Station in Norden aufgebaut worden ist. Der die Fortbildung von Pflegerinnen finanziell unterstützt, der Krankenpflegehilfsmittel anschafft, der dafür sorgt, dass die Station wohnlich und heimelig gestaltet werden kann zum Wohle der Schwerstkranken, die hierher kommen. „Auch wir wissen nicht, wie es weitergeht“, sagt Vereinsvorsitzender Dr. Hero Lütkehus, der dem Verein seit fast sieben Jahren vorsteht.

Zwischenzeitlich habe es geheißen, die Station, die fünf bis sieben Betten bereithält, solle noch vergrößert werden, umziehen auf die ehemalige Kinderstation. Die Planungen seien vor rund zweieinhalb Jahren schon sehr weit fortgeschritten gewesen – dann sei die Verantwortliche in den Ruhestand gegangen und mit ihr alle Pläne. Jetzt heiße es, dass möglicherweise alle drei noch in Norden vorhandenen Abteilungen – also neben der Palliativstation die Kurzlieger- und die Schmerzstation – zusammengelegt werden sollten. Keine eigenständige Station – das bedeute auch, dass Patienten nicht immer von den speziell ausgebildeten Kräften versorgt würden. „Aber es ist eine ganz andere Art von Pflege notwendig“, erklärt Lütkehus, wie wichtig es ist, dass Kräfte mit der entsprechenden Zusatzausbildung eingesetzt werden. Stellen seien abgebaut worden, niemand wisse, wie es weitergehe. Das erschwere alles zusätzlich, verunsichere und stelle auch die Zukunft des Fördervereins infrage.

Wie wichtig gerade diese Station ist, die nach Angaben von Lütkehus nahezu ausschließlich von Patienten aus dem Altkreis Norden in Anspruch genommen wird, obwohl die Station für den ganzen Landkreis vorgesehen ist, haben vor kurzem noch zwei Betroffene gegenüber dem Kurier betont. Pe-tra Drüke, deren Mann hier verstarb, erzählt von der friedlichen Atmosphäre dort, der extrem guten Ausstattung und von wundervoller Betreuung auch der Angehörigen. „Wir konnten immer kommen, uns allen ist so viel abgenommen worden, es war immer jemand für uns da“, sagt sie. „Das hat den Übergang so erleichtert!“ Marianne Walter ist dankbar, dass es gerade auf dieser Station möglich war, ihren Mann, so beschreibt sie es, „aufzupäppeln“, ihn zu stabilisieren, sodass er, wieder zu Kräften gekommen, nach Hause entlassen werden konnte.

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