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26. Januar 2024, 09:00 Uhr

Urteil nur knapp über der Mindeststrafe

44-jähriger Norder konsumiert und verkauft Amphetamine im kleinen Stil

Lesedauer: ca. 2min 49sec
Urteil nur knapp über der Mindeststrafe

Norden Häufig kommt es vor, dass sich der oder die Angeklagte vor Gericht in Schweigen hüllt, außer den Angaben zur Person keine weitere Aussage machen möchte. Ganz anders lief es dagegen gestern bei einem Prozess vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Norden. Ein 44-jähriger Mann aus Norden musste sich für den Besitz und den Verkauf von Amphetaminen im gewerblichen Stil verantworten.

Die Staatsanwältin legte dem Mann in der Anklageschrift insgesamt acht Taten zwischen Juni und August 2021 zur Last. In sieben Fällen soll er besagte Aufputschmittel an eine Bekannte verkauft haben. Dabei soll es sich stets um Mengen von einem beziehungsweise zwei Gramm gehandelt haben. Preis für den Stoff: zehn beziehungsweise 20 Euro.

Im achten und damit letzten Fall der Anklage ging es um eine bei einer Durchsuchung der Wohnung gefundene Menge von rund 60 Gramm Amphetaminpaste, aus der laut Labor zirka 8,7 Gramm reines Amphetamin gewonnen werden konnte. Zudem wurden rund 4,7 Gramm Marihuana sowie 0,44 Gramm MDMA gefunden, ein synthetisches Amphetaminderivat mit stimulierender und leicht halluzinogener Wirkung. Bei der Durchsuchung fanden die Beamten außerdem Verkaufsutensilien, mehrere Messer sowie, versteckt in einer Socke im Rucksack des Angeklagten, Bargeld in Höhe von 1460 Euro.

Vor Gericht machte der Angeklagte direkt reinen Tisch. Über seinen Pflichtverteidiger ließ er erklären, dass die erhobenen Vorwürfe zutreffen und er sich seiner Schuld bewusst sei. Nur bei den Messern und dem konfiszierten Bargeld legte er Wert auf die Tatsache, dass diese nicht im Zusammenhang mit den Vorwürfen stehen. So seien die Messer ein Überbleibsel aus seiner beruflichen Zeit als Fischer. Das Geld wiederum wollte er an einem sicheren Ort in seiner kleinen Wohnung verstecken, so wie andere es beispielsweise mit einer Spardose tun.

Ohnehin hätte die vergleichsweise hohe Summe nicht durch den Verkauf der Amphetamine erzielt werden können. So wechselten lediglich kleinste Mengen den Besitzer, für die in der Summe 95 Euro kassiert wurden. Höhere Beträge wollte der 44-Jährige dagegen beim Verkauf von Werkzeugen erzielt haben. Dieser Verkauf wurde notwendig, als der Mann 2020 als Folge der Pandemie seinen Job verlor und in die Arbeitslosigkeit rutschte.

Dieser Umstand und darauf entstandene depressive Phasen ließen den Mann schließlich zu den Amphetaminen greifen. Geschwollene und schmerzende Hände kamen hinzu, ausgelöst durch später diagnostizierten Lymphdrüsenkrebs. Hier half das Aufputschmittel gegen die Schmerzen.

Es folgte eine OP, eine Chemotherapie und viele weitere Behandlungen. Gleichzeitig sagte sich der 44-Jährige aus eigenem Willen von den Amphetaminen los. Mit Erfolg, wie er gestern vor Gericht verdeutlichte. Mittlerweile sei es ihm wieder möglich, mit gutem Gewissen in die Zukunft zu schauen und ohne Krebs zu leben. Er sei daher jetzt wieder auf der Suche nach einer neuen Arbeit – ob wieder auf See oder an Land sei ihm dabei egal. Hauptsache wieder in Lohn und Brot.

Das wirkte sich positiv auf das Verfahren auf. Schon die Staatsanwältin nahm Bezug auf die positive Entwicklung und forderte eine dreijährige Bewährungsstrafe, während es die Verteidigung bei einer Geldstrafe belassen wollte. Dem konnte sich das Gericht jedoch nicht anschließen. Auch wenn der Mann keinerlei Vorstrafen hat, „leider“, betonte Strafrichter Frank Meyer, sehe das Gesetz eine Mindeststrafe von einem Jahr vor. Die müsse berücksichtigt werden. Daher hieß es am Ende ein Jahr und drei Monate Haft, ausgesetzt für drei Jahre zur Bewährung. 300 Euro werden vom beschlagnahmten Geld eingezogen, der Rest wird zurückgezahlt. Allerdings sind dann noch die Verfahrenskosten zu begleichen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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