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18. April 2024, 06:00 Uhr

„Verzögerungen und Überraschungen: Betrugsprozess im Amtsgericht Norden“

Einblicke in einen kuriosen Gerichtstermin, bei dem sogar die Richterin überrascht wurde.

Lesedauer: ca. 2min 17sec
Eigentlich hätte der Angeklagte vorgeführt werden müssen. Denn selbstständig vor die Tür kommt er zurzeit nicht. Symbolbild

Eigentlich hätte der Angeklagte vorgeführt werden müssen. Denn selbstständig vor die Tür kommt er zurzeit nicht. Symbolbild © dpa

Norden Im Amtsgericht Norden sollte das Strafgericht Norden am gestrigen Vormittag eigentlich über mehrere Betrugsfälle verhandeln, die in Norden stattgefunden haben. Über drei Angeklagte sollte in neun Fällen geurteilt werden.

Sollte.

Denn das Gericht hat eines übersehen: Der Hauptangeklagte sitzt bereits eine Strafe in der Justizvollzugsanstalt Oldenburg ab und so ist es ihm verboten, eigenständig zu dem Gerichtstermin zu kommen.

Aber am besten der Reihe nach: Denn schon zu Beginn wurden die Handvoll Zuschauer, sechs an der Zahl, die beiden weiteren Angeklagten, die zwei Verteidiger und auch die Zeugen zum Warten verurteilt. Es dauerte mehr als 20 Minuten, bis die für zwei Stunden angesetzt Verhandlung begann. So hatten die anwesenden Zuschauer, die größtenteils zum Freundeskreis der Angeklagten zu gehören scheinen, und Mitangeklagten genügend Zeit, Theorien aufzustellen. Warum komme der Aufruf zum Verhandlungsbeginn nicht? Am Ende wurden sie sich einig, dass bei den insgesamt neun Anklagen noch ausgewürfelt werden müsse, wer von den Angeklagten jetzt überhaupt was gemacht haben soll und ob man nicht noch einen vierten dazunehmen solle. Vielleicht sei auch die Anklageschrift mit über 100 Seiten zu dick ausgefallen.

Auch wenn die Vorschläge ihren eigenen Wert haben, ist die Lösung doch einleuchtender: Durch eine Vollsperrung, wahrscheinlich auf der L4, wie der KURIER berichtete, hatte sich die Strafrichterin bereits unfreiwillig verspätet. Mit der Absicht, zügig die Verhandlung zu beginnen, folgten die Personen im Flur der Richterin in den Saal und begaben sich auf ihre Plätze. Nur ein Platz blieb frei: Der Angeklagte mit den meisten Anklagepunkten war nicht zum Termin erschienen. Auf die Verwunderung der Richterin reagierte die Mitangeklagte – und Ehefrau– und klärte auf, dass ihr Mann bereits seit einiger Zeit im Gefängnis in Oldenburg sitzen würde. Entsprechend sei er verhindert. Das bestätigte auch der Verteidiger der Richterin.

Auch ein Teil der Zuschauerschaft konnte die Situation bestätigen, nur die Akten der Richterin nicht. Im Oktober scheint das entsprechende Urteil mit Freiheitsstrafe gefallen zu sein.

Aufgrund der neuen Situation wurde beschlossen, den Prozess zu vertagen, denn im Saal habe niemand das Bedürfnis verspürt, sich mehrmals dieselben Geschichten anzuhören. Denn wenn der Hauptangeklagte beim nächsten Termin vorbeigebracht wird, werde es das Ganze noch einmal zu hören geben.

„Man ist immer nur so klug wie die Daten, die einem vorliegen“, kommentiert Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Aurich, Jan Wilken zu der Situation. Da habe der Richterin jemand die Situation nicht mitgeteilt. Da die Inhaftierung aufgrund eines anderen Strafprozesses erfolgte.

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