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16. Mai 2024, 09:00 Uhr

Christoph Rickels zeigt am eigenen Beispiel Norder Schülern, was brutales Verhalten zur Folge haben

„Gewalt macht alles nur kaputt, mehr nicht.“ Solange diese Message bei den Schülern ankommt, ist Christoph Rickels zufrieden. Denn er weiß mit am Besten, wie viel eine unüberlegte Handlungg zerstören kann.

Lesedauer: ca. 3min 05sec

Christoph Rickels erzählt den Schülern seine Geschichte.

Christoph Rickels erzählt den Schülern seine Geschichte. © Merlin Klinke

Norden Erstaunt zeigen sich die Schüler der siebten Klassen an der Oberschule Norden, als der Jeveraner Christoph Rickels ihnen seine Geschichte erzählt. Am Ende kommen einigen auch die Tränen. Denn Rickels klärt die Jugendlichen darüber auf, was es bedeuten kann, Opfer von Gewalt zu werden.

Aufklären in der Heimat

Hergebracht, zurück in seine heimatlichen Gefilde, hat ihn der Verein zur Förderung der Präventionsarbeit in Norden. Unter dem Motto „Helfen statt Haten“ macht dieser derzeit auf das Gewaltproblem aufmerksam.

„Warum bin ich hier?“, stellt Rickels als Frage an das Publikum. „Sie wurden geschlagen“, antwortet ein Schüler. „Richtig, ich wurde Opfer von Gewalt und das hat mein Leben verändert.“

Wenn Rickels sein früheres Ich beschreibt, bezeichnet er sich selbst als Möchtegern Gangster, der gerne etwas zu melden hatte und auch später zu den Feldjägern der Bundeswehr wollte und dafür aus der Heimat wegziehen wollte. Dann kam es aber zu dem verhängnisvollen Vorfall, als er seinen Abschied aus Norddeutschland feierte.

Der Präventionsverein Norden hat Rickels nach Norden eingeladen.

Der Präventionsverein Norden hat Rickels nach Norden eingeladen. © Merlin Klinke

Der Disco-Besuch, der sein Leben veränderte

2007 wurde Rickels nach einem Besuch einer Diskothek in Aurich geschlagen. Ein Hieb reichte damals aus, um den sportlichen und lebensfrohen Schulabgänger bewusstlos werden zu lassen. Er hatte mit einem Mädchen an der Bar geflirtet und ihr fester Freund hatte ihm beim Hinausgehen überfallen. Das wäre gar nicht so schlimm gewesen berichtet Rickels weiter, wäre er nicht, durch die Bewusstlosigkeit, ungebremst auf den steinernen Boden aufgeschlagen. Die Folge: Gehirnblutungen, ein Schädelbasisbruch, vier Monate im Koma und anschließendes erwachen in einem Körper mit 80-prozentiger Behinderung. Die Erinnerung an die vorherigen sieben Jahre seines Lebens verschwunden.

Coolness verändert sich

Damals sei es cool gewesen, sich so zu profilieren. „Er wollte mich nicht töten, aber er war so kurz davor.“ Rickels zeigt Verständnis für das Vorgehen seines Täters: „Es ging ihm nur darum, gegenüber seiner Freundin zu zeigen, wie krass er ist.“ Gut war es trotzdem nicht. Es sei nur wirklich cool, wenn die Schüler sich selbst treu bleiben, betont er. Alles andere wandle sich mit der Zeit immer wieder.

Und dieser Wandel kann schneller kommen, als man es erwartet. „Ich selbst habe auch nicht damit gerechnet.“ Mittlerweile hat sich Rickels auf die Fahnen geschrieben: „Gewalt macht nur kaputt, mehr nicht“.

Nicht nur das Opfer leidet unter Gewalttaten

Auch die Täter und Familien, Angehörige und Freunde leiden. „Glaubt ihr, mein Täter kann noch ein normales Leben führen?“, fragt Rickels die Schüler. Durch Strafe, Schmerzensgeld und Rufverlust habe dieser in jener Nacht auch sein eigenes Leben mit zerstört.

Das Schmerzensgeld habe er im Übrigen noch nicht erhalten. Er werde aber nicht aufgeben zu kämpfen, so wie er auch nicht aufgegeben hatte, als er mit 20 Jahren plötzlich Windeln tragen musste.

Christoph Rickels zeigt am eigenen Beispiel Norder Schülern, was brutales Verhalten zur Folge haben

Für seine Ziele kämpfen

Damit es in Zukunft besser wird, fordert er die Schüler auf, sich für eine bessere Zukunft einzusetzen. Denn Rickels glaube fest daran, dass Karma irgendwann jeden einhole.

Dieser Glaube daran, dass auf gute Taten Gutes folge, habe ihn dazu verleitet, das Projekt „first togetherness“ ins Leben zu rufen, mit dem er sich für ein besseres Miteinander einsetzt und seine Geschichte als mahnendes Beispiel und Hoffnungsschimmer gleichzeitig, erzählt.

Richtiger Zeitpunkt, um die Kinder zu erreichen

Es sei ein gutes Alter, den Kindern solche Themen näherzubringen, findet Schulsozialarbeiterin Birgit Hofmann. „Die Kinder beginnen sich auszuprobieren“ und so können sie lebensnah die Konsequenzen von Gewalt erfahren, ohne dieser selbst ausgesetzt zu werden.

Durch den Vortrag Rickels sollen die Kinder zum Denken angeregt werden. „Manchmal halten sie sich auch selbst für die bösen Jungs“, sagt Rickels. Wissen aber nicht, was für Konsequenzen ihre Taten für andere haben können – und sie selbst. Er weiß auch, dass er mit Sicherheit nicht alle erreichen kann, aber mit der Mischung aus „Gespräch auf Augenhöhe und Emotion“, zeigen sich die Schüler offen gegenüber seinen Worten.

Am Ende des Vortrags kam ein Schüler, der mehrfach zur Aufmerksamkeit ermahnt werden musste, eigenständig zu ihm und wünschte Rickels, dass er weiter seine Ziele verfolgen solle.

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