Der Wirtschaftsminister kauft sich einen Ostfriesen
Wirtschaftsminister Olaf Lies mustert seinen Dienstwagen, einen Audi, aus. Stattdessen fährt er ab sofort mit einem echten Ostfriesen von Termin zu Termin. Am Montag holte er ihn im Emder VW-Werk ab. Was aber hat ein kleiner Ort in Wales damit zu tun?
Lesedauer: ca. 2min 37secEmden So oft ist Christian Vollmer nicht in Emden. Er sitzt in der VW-Zentrale in Wolfsburg und ist der Vorstand für Produktion und Logistik. Ein wichtiger Mann in der VW-Welt. Kein Auto verlässt irgendwo ein Werk, bevor er nicht die Prozesse abgesegnet hat.
Am Freitag erfuhr Vollmer, dass Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies ins Emder Werk kommt, um seinen neuen Dienstwagen abzuholen. Der echte Geschäftspartner des Wirtschaftsministeriums ist zwar ein VW-Händler aus Hannover, der die Ausschreibung gewonnen hatte. Doch gefertigt wurde der Wagen natürlich in Emden. Er verließ die Qualitätskontrolle, Minister Lies war eh gerade in Upleward bei einer Veranstaltung des Uniper-Konzerns - das passte. Also machte sich auch Vollmer auf den Weg nach Emden.
Großer Bahnhof: Alle waren angetreten
Karte
Das gesamte Werksmanagement inklusive Werksleiter Uwe Schwartz war da, der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Herbert de Vries, Oberbürgermeister Tim Kruithoff. In der Mitte stand - glänzend - der ID.7 Tourer. In der Version Pro S, „ein Highlight aus unserer
Produktion“, wie Vollmer sagte. Er freue sich sehr, dass Lies vorangehe und ein Elektroauto des Konzerns benutze. Mit der Reichweite des Autos, knapp 700 Kilometer, erreiche Lies jeden Ort in Niedersachsen ohne Nachladen „und ohne, dass man mit 80 im Windschatten eines Lkw fahren muss.“
ChatGPT fährt immer mit
Da Vollmer der Vorstand ist, darf er seinen eigenen Konzern auch kritisieren. Man habe am Anfang ein paar Probleme mit der Spracherkennung im Auto gehabt. Doch die sei jetzt so ausgereift, dass man selbst den kleinsten Ort in Niedersachsen einfach finde, indem man ihn nennt. Laut einem Werbefilm, der danach lief, habe man das mit dem walisischen Ort namens Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch ausprobiert. Die Spracherkennung, gesteuert von der Künstlichen Intelligenz von ChatGPT, habe den Ort erkannt, trotz des Radebrechens vor dem Auto-Mikro. Schmunzeln in der Runde.
Jetzt stehen alle zur E-Mobilität
Überhaupt: Gute Laune war angesagt beim Termin. Naturgemäß. Wer ein neues Auto bekommt, will es feiern. Werksleiter Uwe Schwartz sprach über die nun 60-jährige Geschichte des Standortes und die schwierige Entscheidung, sich vom Verbrenner zu trennen („Aber jetzt stehen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur E-Mobilität“), Oberbürgermeister Tim Kruithoff lobte die Emder „Ingenieurskunst“, man könne darauf stolz sein und auch die „Fetischisten von
Spaltmaßen“ hätten angesichts der Qualitätsarbeit ihre Freude daran. Kruithoff selbst muss noch etwas warten - aber im Herbst bekommt er auch seinen neuen ID.7.
Man muss sichtbar Zeichen setzen
Und Olaf Lies? Schaute sich alles genau an, ließ sich den Wagen erklären und sagte dann: „Es gibt eine Verunsicherungsdebatte über die E-Mobilität. Aber niemand wird im Jahr 2035 noch auf die Idee kommen, sich ein Verbenner-Auto zu kaufen.“ Man müsse aber auch sichtbar Zeichen setzen, dass E-Mobilität funktioniere. Er, Lies, fahre übrigens schon lange ein E-Auto. Allerdings nur einen kleinen E-Up.
Tür auf, Auto raus aus dem Showroom - und dann stieg Lies ein und sauste los, einmal über quer durchs Werk zur Betriebsbesichtigung.
Übrigens: Den kleinen walisischen Ort mit dem unaussprechlichen Namen gibt es wirklich. Wer ihn einmal richtig aussprechen möchte, so klingt er mit deutscher Schreibweise: Chlanvair-puchl-gwin-gich go-ger-üch-win-dro-buchl-chan-tü-silio-go-go-goch. Oder zum Anhören: hier.