Grüne: Ärzteversorgung wird für Norden schöngerechnet
Ortsverband Norden-Krummhörn kritisiert Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung
Lesedauer: ca. 2min 24secNorden Statistisch gesehen ist Norden mit Hausärzten gut versorgt. Die aktuelle Bedarfsplanung, die die Kassenärztliche Vereinigung (KVN) jüngst in Aurich vorstellte, weist für die Stadt und die Umlandgemeinden 49 Allgemeinmediziner aus. Rechnerisch behandelt jeder von ihnen 1567 Patientinnen und Patienten. Der Versorgungsgrad liegt damit laut KVN bei 107,9 Prozent. „Viele Norderinnen und Norder machen aber völlig andere Erfahrungen“, so Walter F. Zuber von Bündnis 90/Grüne. Zum wiederholten Mal werde die Ärzteversorgung in Norden „schöngerechnet“, kritisiert der Ortsverband Norden-Krummhörn.
Die Realität sehe anders aus: Um einen Termin beim Arzt zu bekommen, müssten Patienten oft monatelang warten. Neuzugezogene fänden nun unter Mühen einen Hausarzt, wenn überhaupt. Es gebe Menschen, die deshalb aus Norden bereits wieder weggezogen seien, so Zuber: „Die Situation ist unerträglich.“ Und das nicht nur für die Hilfesuchenden. Auch für die behandelnden Ärzte sei die Lage unzumutbar, so die Grünen in einer Pressemitteilung.
Die Kassenärztliche Vereinigung werde ihrem Versorgungsauftrag nicht gerecht, kritisiert der Ortsverband. Und sieht auch die Stadtverwaltung in der Pflicht. Sie müsse „proaktiv tätig werden“ und sich um die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung kümmern. „Woanders ist diese Frage längst zur Chefsache gemacht worden“, so Zuber in Richtung des Bürgermeisters. Die Lage sei schlimmer, als es die Statistik zum Ausdruck bringe.
Grüne monierenRechentrick
Tatsächlich müssten die Norder mit weniger Ärzten auskommen, als es woanders der Fall sei. Die von der KVN genannte Versorgungsquote bei Hausärzten komme nur aufgrund eines Rechentricks zustande, so die Grünen. In die Bedarfsplanung für den Versorgungsbereich Norden werden auch die Hausarztpraxen auf Norderney, Juist und Baltrum einbezogen. Ohne die über den Einwohnerschlüssel liegenden mindestens sieben Inselärzte würde der Bereich Norden mit Hausärzten auf einen Versorgungsgrad von unter 95 Prozent rutschen, hat der Ortsverband ausgerechnet. Zuber: „Eine klare Unterversorgung.“ Die Patienten aus dem Altkreis müssten diesen Missstand mit langen Wartezeiten „ausbaden“.
Dennoch würden in Norden niederlassungswillige Ärzte von der KVN woanders hinverwiesen, behauptet, der Ortsverband.
Bei der Versorgung mit Fachärzten sehe es nicht besser aus, wenn auch aus anderen Gründen. Für die meisten Facharzt-Fachrichtungen gelten bei der Bedarfsplanung der Landkreis Aurich und die Stadt Emden als ein Versorgungsbereich. „Mit der Folge, dass Norden unterversorgt ist“, sagt Zuber. So gebe es in Emden zwei Lungenfachärzte, in Aurich einen und in Norden keinen. Auch bei den Halsnasenohrenärzten gebe es eine Konzentration. In Aurich haben vier HNO-Fachärzte ihre Praxis, in Emden zwei und in Norden gibt es eine.
Die Grünen verweisen auf die vielen Touristen mit jährlich über zwei Millionen Übernachtungen in Norden-Norddeich und auf die Altersverteilung in der Bevölkerung, wonach in Norden überdurchschnittlich viele Ältere leben, was einen erhöhten Bedarf an medizinischer Versorgung nach sich ziehe.