Lisa Shklyaver allein begeistert die Besucher – Sie genießen zudem das Mozart-Requiem
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Norden Dem Tag kann man im Grunde nicht mit einem Text gerecht werden. Da waren die Kinder, die nachmittags schon mal locker auf den hohen Seitenkanten der Kirchenbänke hockten, um besser sehen zu können, die schon mal wuselten, die ganz Kleinen auch mal quäkten, durch den Gang krabbelten oder mit dem Fäustchen nicht ganz im Takt auf Holz klopften. Da waren die Erwachsenen wenig später, die gern in der Schlange draußen warteten – sie wussten wohl, dass es sich lohnte. Allein, um Lisa Shklyaver mit ihrer Klarinette singen zu hören, einzutauchen in auf Samtkissen gebettete Töne, aber natürlich auch, um Mozarts Requiem zu lauschen, dargeboten von den Chören der Lambertikantorei Aurich, der Ludgerikantorei Norden, dem Nordwestdeutschen Barockorchester und Solisten. Auch hier: Eintauchen und mitschwingen in Orchesterklänge, baden in Stimmengewalt bester Güte, sei es von den Chören, sei es von den vier Solisten.
Man könnte meinen, eine Konzert-Wiederholung nach neun Jahren zieht nicht noch einmal so viele Besucher in die Norder Ludgerikirche. Quatsch! Natürlich ist das Gegenteil der Fall, wollten die „Fans“ von damals das Requiem eben noch einmal hören, weil es sie so beeindruckt hatte. Und die vielleicht selbst Werbung gemacht hatten: „Es lohnt sich, das anzuhören!“ Denn die Kirche war richtig gut besucht. Und sind jetzt nicht wieder Kinder in einem Alter, die einmal hautnah erleben möchten, wie so ein Mozart das gemacht hat damals, 1791? Ob er wohl auch „zu spät“ kam zur Aufführung des eigenen Stückes? Nun, Geschichtskenner und Programmleser wissen, dass er das Requiem gar nicht vollenden konnte, sondern vorher starb, es also nie Publikum zu Gehör gebracht hat. An diesem Wochenende aber gab er sich, wie vor neun Jahren, wieder einmal quicklebendig, entschuldigte seine natürlich geplante leicht verspätete Ankunft mit unpünktlichen Zügen (der Mann ist doch auf der Höhe der Zeit) und unzuverlässigen Postkutschen…
Kleine und große Kinder bekamen anschließend eine Kostprobe des Requiems, hörten ausgewählte Stücke, Appetithäppchen sozusagen und ließen sich einzelne Instrumente vorstellen. Da kam selbst Mozart, dargestellt von Thiemo Janssen, neben Maxim Polijakowski, Hauptverantwortlicher des Abends, ins Schwärmen: „Gleich gekauft!“, sagte er beispielsweise zum Trompetenklang. Gut, dass die Klarinette nicht separat vorgestellt wurde – womöglich wären die Kinder von ihrem Klang so hingerissen gewesen wie später die Erwachsenen im Hauptkonzert. Als Lisa Shklyaver vorn stand und dem Publikum kaum das Atmen erlaubte. Man hätte doch einen Ton verpassen oder nicht in Gänze genießen können… Und das ging gar nicht! So zart, so gefühlvoll, so federleicht spielte sie, hauchte in ihr besonderes Instrument und entlockte ihm einen Klangteppich, der allein die Kirche aus- und erfüllte. Mozart, so stand es im Programmheft, habe die Klarinette in eine idealisierte Singstimme (…) verwandelt. Stimmt! Und so kamen die Zuhörer in den Genuss von Mozarts Klarinettenkonzert, wahrlich vollendet dargeboten von Lisa Shklyaver, ergänzt vom Nordwestdeutschen Barockorchester, das beileibe nicht einfach nur unterstützte, sondern ein eindrucksvolles Miteinander und Wechselspiel in den Raum zauberte.
Diese weichen, wie von Wolken umhüllten Klänge schwebten noch durch die Kirche, als die Chöre anstimmten und zusammen mit den Solisten Stephanie Henke (Sopran), Nina Böhlke (Alt), Clemens Löschmann (Tenor) und Gottfried Meyer (Bass) das Requiem zelebrierten. 120 Menschen musizierend – aber ein Klangkörper.
Jederzeit in der Luft und für jeden spürbar die eigene Hingabe an diese besondere Musik. Jede und jeder mitgenommen in die Themen. Unvergessen einzelne Momente – das Posaunensolo, der einsetzende Bass, aber auch jedes Anstimmen der Chöre, ihr voller Klang, ihre gewaltige Stimmkompetenz! Auch darin konnte man „baden“, das war schon großartig, wenn auch natürlich ein großer Kontrast zum Klarinettenkonzert zuvor. Mitgerissen in alle Tiefen, hochgejubelt in sämtliche Höhen, gab es schließlich wohlverdienten lang anhaltenden Applaus. Der Abend hätte unbedingt noch länger dauern dürfen.
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