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21. August 2025, 08:00 Uhr

Streit um Geflügel schlägt große Wellen: Marienhafer bangt um seine Tiere

Ein Nachbar beschwert sich über Lärm, andere loben die Tiere als Bereicherung. Nun steht der 81-jährige Marienhafer Ludwig Smid im Zentrum eines Konflikts.

Lesedauer: ca. 3min 55sec
Ludwig Smid mit seinen Gänsen: Für ihn ein Lebenselixier für andere ein Albtraum. Foto: Merlin Klinke

Ludwig Smid mit seinen Gänsen: Für ihn ein Lebenselixier für andere ein Albtraum. Foto: Merlin Klinke © Klinke kli

Marienhafe Seit Jahrzehnten lebt Ludwig Smid im Grünen Weg in Marienhafe mit seinen Tieren. Nun droht dem 81-Jährigen ein Verbot der Geflügelhaltung. Grund ist die Beschwerde eines einzelnen Nachbarn, der sich über Geräusche und Gerüche beklagt hat. Mehr als 50 Anwohner stellen sich anfang März initial dagegen und unterstützen Smid mit einer Unterschriftensammlung und einer Petition. Mittlerweile hat er Online deutlich mehr Unterstützer gefunden. Jedoch stimmt laut dem besagtem Nachbar nicht alles, was in den sozialen Medien derzeit verbreitet wird.

Bescheid vom Landkreis

Der Landkreis Aurich habe Smid in einem Schreiben untersagt, seine Gänse, Laufenten und einen Teil der Hühner weiterhin zu halten. Begründet wird dies mit dem Baurecht: Sein Grundstück liegt in einem allgemeinen Wohngebiet, in dem eine „Vielzahl von Tieren“ nach Ansicht der Bauaufsicht nicht mehr als typische Freizeitbetätigung gewertet werden könne. Während eine Hobbyhaltung – etwa von Kaninchen oder Ziervögeln – zulässig sei, gelte Smids Geflügelhaltung als planungsrechtlich unzulässig.

Dem Rentner wurde diesen Monat eine Frist von zwei Monaten gesetzt, um die Tierhaltung aufzugeben oder weiter zu reduzieren. Andernfalls drohe eine kostenpflichtige Verfügung. Dabei hatte Smid seinen Bestand bereits im vergangenen Jahr verkleinert: Statt 15 Gänsen leben nur noch drei auf seinem Grundstück. Dazu kommen zehn Hühner, ein Laufentenpaar mit Küken sowie ein Taubenschlag.

Laufendes Verfahren

Der Landkreis Aurich teilte mit, dass es sich bei dem Fall um ein noch laufendes Verfahren handelt, in dem bislang keine abschließende Entscheidung getroffen wurde – entgegen anderslautender Meldungen in einzelnen lokalen Medien. Ausgangspunkt sei eine Nachbarschaftsbeschwerde wegen möglicher Geruchs- und Geräuschbelastungen durch die Geflügelhaltung in einem Wohngebiet in Marienhafe, der sich inzwischen weitere Anwohner angeschlossen hätten. Der Landkreis betonte, dass sowohl die Rechte des Tierhalters als auch die Schutzansprüche der Nachbarschaft berücksichtigt würden. Ziel sei es, im Austausch mit allen Beteiligten eine einvernehmliche Lösung zu finden. Zugleich verurteilte die Behörde Drohungen, die in sozialen Medien geäußert wurden, und rief zu einem sachlichen Dialog auf.

Keine Mängel festgestellt

Ein vom Landkreis eingeschalteter Amtstierarzt hatte zuvor die Haltung überprüft und keinerlei Mängel festgestellt. Smids Tiere gelten als gepflegt und artgerecht untergebracht. Auch handelt es sich bei seinen Emder Gänsen um eine in Deutschland gefährdete Nutztierrasse, die Smid zur Zucht hält.

Nachbarschaft zeigt Rückhalt

Die große Mehrheit der Anwohner sieht in den Tieren keine Belastung, sondern eine Bereicherung. Vor allem Kinder freuen sich über die Gänse und Enten, die auch schon einmal frei durch die Siedlung laufen und Schnecken vertilgen. Viele Nachbarn haben selbst Tiere im Garten – auch für sie könnte der Streit Folgen haben, sollte das Verbot Bestand haben.

Eine Nachbarin initiierte eine Unterschriftensammlung, die mit rund 50 Unterstützern startete. Mittlereweile haben sich Online über 30000 Unterstützer gefunden. Zudem wurde eine Petition an den Tier- und Naturschutzbund verfasst. Die Nachbarschaft befürchtet, dass die Haltung von Geflügel in der gesamten Siedlung unter Druck geraten könnte, wenn Smid sein Geflügel tatsächlich abgeben muss.

Langer Konflikt

Der Streit mit dem Nachbarn dauert bereits seit einiger Zeit an. Ursprünglich ging es um Tauben, die über dessen Dach flogen. Später folgten Beschwerden über Lärm und Gerüche sowie Vorwürfe, Smid halte seine Tiere nicht artgerecht – Anschuldigungen, die durch die Kontrolle des Amtstierarztes widerlegt wurden.

Die Sicht des klagenden Nachbarn

„Die Tiere können ruhig bleiben, der alte Mann soll machen, was er will“, heißt es vonseiten der klagenden Nachbarn. Damit ist aber nicht gemeint, dass die Tiere im Grünen Weg bleiben sollen: Smid hat in 500 Meter Reichweite einen Pferdehof, auf dem aus der Sicht des Nachbarn das Geflügel mit untergebracht werden könne, ohne einen anderen Menschen zu stören. Denn er stünde mit seiner Meinung nicht alleine da: Weitere Nachbarn würden sich nur nicht offen gegen die Tiere aussprechen. „Wenn Nachts eine Katze durch die Gärten schleicht, schlagen die Gänse direkt an und geben keine Ruhe mehr“, berichtet der Nachbar. Auch tagsüber sei es nicht mehr möglich, sich im Garten zu bewegen, ohne direkt von den Tieren beschallt zu werden. Ihnen geht es dabei in erster Linie um die Gänse: Laut dem Nachbarn seien die Tauben nie ein Streitthema gewesen.

Im Jahr 2001 habe der Nachbar an seinem heutigen Wohnort neu gebaut: Damals seien die Gänse noch auf Smids Hof gewesen und nicht in seinem Garten. Damit wiederspricht er der Theorie, die viele in den sozialen Medien vertreten, dass es sich um einen zugezogenen handle: Das Gegenteil sei der Fall, besagter Nachbar lebe schon länger in der Siedlung als die Tiere.

Erst vor drei Jahren laut geworden

Dass die Tiere so laut sind, habe erst vor drei Jahren begonnen: Seitdem versuche er immer wieder mit Smid ins Gespräch zu kommen und eine Lösung zu finden. Jedoch sei Smid nicht besonders Gesprächsbereit. Auch ein Schlichtungsversuch mit Unterstützung der Gemeinde sei gescheitert.

Zudem sei Smid selbst nur selten in seiner Wohnung im Grünen Weg anzutreffen und bekäme die Geräusche nicht mit. Wenn dann doch Besuch vorbeikommen, werden die Tiere mit einer vorherigen Fütterung wahrscheinlich ruhig gestellt, so der Nachbar.

Wie es weitergeht

Smid will sich gegen das Verbot wehren. Ein Widerspruch ist bereits in Vorbereitung. Die Samtgemeinde Brookmerland weist darauf hin, dass Nachbarn einen gewissen Geräuschpegel grundsätzlich hinnehmen müssen, solange er die Lebensqualität nicht erheblich beeinträchtigt. Letztlich könnte jedoch ein Gericht über den Fall entscheiden.

Für den 81-Jährigen steht viel auf dem Spiel: Seit seiner Jugend begleiten ihn Tiere. Sie geben ihm nicht nur Lebensfreude, sondern auch einen Teil seiner Selbstständigkeit. Sollte er sie abgeben müssen, wäre das für ihn ein schwerer Einschnitt.

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