So bringt Amprion den Offshore-Strom von See ins Binnenland
Das Unternehmen Amprion verlegt 42 Kilometer Erdkabel – und lernt dabei die Eigenheiten Ostfrieslands kennen. Der Boden ist schwierig, das Wetter auch. Und noch ein Problem stellt sich allerorts.
Lesedauer: ca. 2min 23secEmden Die Energiewende in Deutschland wird auch auf einem Acker im Uphuser Hammrich begonnen. Dort liegen Straßen aus Holzbohlen, Bagger heben Gräben aus, in diese werden rote Plastikrohre gelegt. Ist ein Gewässer – und davon gibt es viele in Ostfriesland – oder eine Straße im Weg, wird das Rohr unterirdisch vorangetrieben.
Marco Schürmanns ist sichtlich stolz, als er gestern kurz vor dem Regen einer Gästegruppe aus Politik, von beteiligten Partnern und Journalisten, das Verfahren erklärt, wie er den Strom von See bis nach Lingen bekommt. Dort wird er mittels einer Konverterstation ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Der Weg bis dahin ist lang Er führt unter Norderney hindurch, unterquert den Deich und führt dann quer durch Ostfriesland bis Emden und dann bis ins Emsland hinein.
Die Kabel kommen aus Amerika und Frankreich
Karte
Um die 42 Kilometer sind es. Leerrohre aus Plastik werden auf einem weichen und wärmeableitenden Bett aus halbflüssigem Boden in die Gräben versenkt und dann verfüllt. Wenn alles liegt, werden die Kupferkabel eingezogen. Ein Meter wiegt rund 30 Kilogramm; die Kabel kommen per Schiff aus Amerika und Frankreich und werden dann als Schwertransport dorthin geliefert, wo zwei Rohrenden aufeinander stoßen. Dann werden sie eingezogen. Bis 2028 soll alles fertig sein. Dann fließt der Strom ins Netz. Und es wird nicht wenig sein.
Der Vergleich ging etwas unter, als Schürmanns vor der Baustellenbesichtigung im Festzelt am Hafenbecken in Emden ins Thema einführte. Die Kapazität der zwei parallelen Kabel beträgt 1,8 Gigawatt. „Das Kernkraftwerk Lingen, das jetzt abgeschaltet ist, liefert 1,4 Gigawatt“, sagt Schürmanns. Damit wurden die Dimensionen klar. Mit dem Strom, den Amprion künftig von See hole, könne eine Großstadt wie Hamburg versorgt werden, rechnete er vor.
Es gibt zahlreiche „Bedrohungen“
Bis es so weit ist, pflügt sich Amprion durch den schweren und oft klatschnassen Kleiboden Ostfrieslands, immer bedroht durch spontane Sturzregen, Stürme und sonstige Wetterwechsel, immer auf der Hut vor brütenden Vögeln, die es überall gibt. „Sehr besonders“, nannte er die Arbeit später. Die anwesenden Ostfriesen schmunzelten ausgiebig beim Ortstermin im Uphuser Hammrich. Kennt man.
Und dann sind da noch das Watt und der Deich bei Hilgenriedersiel. Der Deich wird gerade unterbohrt, kritisch beäugt von den Naturschutzbehörden und der Deichacht. Im Watt wird weder gebohrt noch unterirdisch etwas vorangetrieben, sondern die Rohre werden sozusagen ins Watt hineingerüttelt, bis sie tief genug versunken sind. Die Nationalparkverwaltung hat ein Auge drauf.
Die beiden Leitungen haben auch Namen. DolWin4 und BorWin4. Es gibt schon weitere Leitungen in ostfriesischem Boden, die hatte seinerzeit Tennet verlegt.
Die Gruppe flüchtet wieder in den Bus. Es beginnt zu regnen. Mal wieder. Willkommen in Ostfriesland.