Die Nordsee wird immer wärmer - das hat Folgen
Zugegeben: Wärme ist relativ. Wer jetzt einen Fuß ins Wasser steckt, muss mit Erfrierungen rechnen. Das ändert aber nichts daran, dass die Nordsee im abgelaufenen Jahr so warm war wie nie zuvor. Das haben jetzt Wissenschaftler bestätigt.
Lesedauer: ca. 2min 08secOstfriesland/Hamburg Die deutsche Nordsee war im vergangenen Jahr so warm wie nie zuvor seit Beginn der systematischen Temperaturaufzeichnungen im Jahr 1969. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) meldete Oberflächentemperaturen, die bis zu 1,5 Grad Celsius über dem langjährigen Mittel der Referenzperiode von 1997 bis 2021 lagen. Besonders in der südlichen Hälfte der Nordsee war das Wasser außergewöhnlich warm, während die Temperaturen in der nördlichen Region teils sogar leicht unter dem Durchschnitt blieben.
Im Durchschnitt 11,1 Grad
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Im Durchschnitt erreichte die Nordsee 2024 eine Oberflächentemperatur von 11,1 Grad, was 0,5 Grad über dem langjährigen Mittelwert liegt. Damit war das Jahr das viertwärmste seit Beginn der Datenreihe. Wärmer waren lediglich 2014, 2022 und 2023. Elf Monate des Jahres lagen über den üblichen Temperaturwerten, wobei insbesondere Mai und Juni mit einer Abweichung von bis zu 1,5 Grad deutlich hervortraten.
Diese außergewöhnlichen Temperaturen sind Teil einer langfristigen Entwicklung. Laut Dr. Kerstin Jochumsen, Leiterin der Abteilung Meereskunde am BSH, hat sich die Nordsee seit 1969 um nahezu 1,5 Grad erwärmt. „Diese Erwärmung ist eine direkte Folge des Klimawandels und hat erhebliche Auswirkungen auf das marine Ökosystem“, erklärt Jochumsen. Die Folgen reichen von Veränderungen im
Lebensraum mariner Arten bis hin zu potenziellen Auswirkungen auf die Küstenwirtschaft.
Unterschiedliche Entwicklungen in Nordsee und Ostsee
Auch die Ostsee verzeichnete 2024 ungewöhnlich hohe Temperaturen und war mit einem Durchschnitt von 9,6 Grad das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Datenaufzeichnungen. Allerdings zeigen sich Unterschiede in den langfristigen Trends der beiden Meere. Während sich die Nordsee seit den 1970er Jahren um 1,5 Grad erwärmt hat, stieg die Durchschnittstemperatur der Ostsee seit 1990 bereits um 1,9 Grad.
Langfristige Veränderungen und neue Herausforderungen
Die Erwärmung der Nordsee verändert zunehmend das marine Ökosystem. Fischarten wandern in kühlere Gewässer ab, während wärmeliebende Arten vordringen. Dies wurde schon bei der Blaukrabbe beobachtet, und auch die Pazifische Auster fühlt sich überraschend wohl in der Nordsee. Es werden wieder Seepferdchen gefunden, was möglicherweise auf die Erwärmung zurückzuführen ist. Gleichzeitig werden küstennahe Lebensräume durch höhere Temperaturen und steigenden Meeresspiegel weiter belastet. Das BSH betont, dass diese Veränderungen eng beobachtet werden müssen, um Anpassungsmaßnahmen entwickeln zu können.