Jens Spahn plädiert beim Wirtschaftsabend der IHK für eine neue Debattenkultur
Emden Katholischer CDU-Politiker aus Westfalen soll bei mehrheitlich SPD-affinen evangelischen Ostfriesen eine Mutmacher-Rede halten: Kann das gelingen? Jens Spahn, Ex-Bundesgesundheitsminister, hatte am Anfang seiner Rede etwas Probleme, beim IHK-Wirtschaftsabend Schwung in die a Lasco-Bibliothek zu bringen - doch dann gelang es. Mit Aussagen wie:
- „Unternehmer sind keine Gauner in spe. Man muss ihnen auch mal etwas zutrauen und sie nicht immer gängeln!“ Das war gerichtet: Gegen die Ampel.
- „Natürlich geht es um Meyer und VW. Aber wir müssen auch die Kleinen im Blick behalten, den Mittelstand.“ Das war gerichtet: Gegen die Ampel.
- „Deutschland verbietet das, in es seit 150 Jahre führend ist: Die Vebrennerautos. Das muss zurückgenommen werden.“ Wieder im Fokus: Die Ampel.
- „Beim Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Da lagen wir falsch!“ Das war gerichtet: Gegen die eigene CDU.
Man habe zum Schluss nicht mehr gut regiert und sei bitter abgewählt worden, sagte Spahn vor rund 200 Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung. Doch man sei „nicht am Boden liegen geblieben“, sondern man müsse über die eigenen Fehler reden.
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Die Fehler der anderen
Im Wesentlichen jedoch ging es um die Fehler von rot-grün-gelb und wie man sie korrigieren würde innerhalb von 100 Tagen an der
Regierung. Lieferkettengesetz weg, Heizungsgesetz weg, Arbeitszeit flexibilisieren und das Bürgergeld - zumindest - in Teilen auch weg. „Wir bräuchten keine Bäcker aus Ghana holen, wenn wir es schaffen würden, die 2,5 Millionen 18- bis 34-Jährigen, die derzeit dauerhaft nicht arbeiten, zurück in die Arbeit zu holen.“Generell gebe es in Deutschland gerade „viel zu besprechen“, man lebe derzeit in einem schrumpfenden Land. Zu diesem Dialog wolle er einladen. Man müsse sich auf die Zukunft freuen, auf eine Zukunft der guten Laune und nicht der Miesmacherei.
Zum Schluss hat er seine Sache gut gemacht, die sonst eher misstrauischen Ostfriesen spendeten mehr als freundlichen Applaus.
VW, VW, VW - und die Rolle Ostfrieslands im Krieg
IHK-Präsident Theo Eilers kam nicht am Thema „VW“ vorbei. Wie tief der Schock sitze, aber wie schlecht es auch der übrigen Industrie gehe. Wegen der Bürokratie, wegen der hohen Strompreise, wegen langer Planungs- und Genehmigungsverfahren. Und zur Überraschung vieler schnitt er ein Thema an, dass weder in Ostfriesland entschieden wird noch Ostfriesland sonderlich betrifft: Die Wehrhaftigkeit Deutschlands. Das Land müsse sich wieder selbst verteidigen können, die Wirtschaft werde schon jetzt bedroht: durch Cyberangriffe, durch Spionage, durch Brandsätze in der Luftfracht, beispielsweise. Und dann doch der Bogen zur Region: „Jeder weiß: in einem bewaffneten Konflikt wäre Ostfriesland die zentrale Logistik-Ebene“.Für Kriegsgerät. Sagte er nicht, aber jeder wusste, was er meint.
Es gab viele Übereinstimmungen zwischen Eilers und Spahn und wohl auch den vielen Zuhörerinnen und Zuhörern. Das war dann ein bisschen Ems-Achse zwischen regionaler und Bundespolitik. Denn Jens Spahns Wahlkreis liegt in Rheine und damit an der Ems. Sein wohl wichtigster Satz: „Sie müssen nicht mit allem einverstanden sein, was ich hier sage. Aber auch mal drüber nachzudenken, ob der andere recht haben könnte, macht die Debatten besser.