Keine Angst vor der Organspende
Trotz großen Bedarfs und vieler guter Absichten fehlen Organspender – Warum eigentlich?
Lesedauer: ca. 3min 13secNorden Rund 11.000 Menschen warten in Deutschland auf ein Spenderorgan, etwa 8000 auf eine Niere. Bei über 84 Millionen Bundesbürgern und einer Million Todesfällen jährlich klingt es machbar, die Lücke zu schließen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Es warten etwa dreimal so viele Menschen auf eine neue Niere, wie Transplantate vermittelt werden können.
Herz- und Leberpatienten müssen oftmals wegen zwischenzeitlich zu schlechten Allgemeinzustandes von der Warteliste genommen werden, andere Wartepatienten sterben, weil kein passendes Organ rechtzeitig zur Verfügung steht. Die Zurückhaltung liegt dabei weniger an Skandalschlagzeilen oder Ähnlichem. Die zentralen Gründe sind Angst und Unwissenheit, erklärt Barbara Backer vom Verein Organtransplantierte Ostfriesland, der sich um Aufklärung bemüht. Die Menschen wüssten nicht, worauf sie sich einlassen und was zu tun ist.
Ein buntes Stück Papier
Dabei ist das ganz einfach. Eine vorherige Registrierung wie etwa der Knochenmarkspende findet nämlich nicht statt. Stattdessen füllt man ganz einfach einen Organspendeausweis aus und steckt ihn in sein Portemonaie. Das orange Stück Papier nimmt neben Payback-Karte und Personalausweis keinen Platz weg.
Genauso wichtig ist es aber, sagt Backer, dass Organspendewillige mit ihren Angehörigen über ihre Wünsche und Absichten nach dem Tod sprechen. Aus einem ganz einfachen Grund: Stirbt ein Spendewilliger, können seine Angehörigen immer noch die Organentnahme untersagen. In den meisten Fällen, weil sie vom Wunsch des Verstorbenen nichts wussten und die Trauernden in dieser schwierigen Situation schlichtweg überfordert sind.
Sorgen dahingehend, dass zum Beispiel der Leichnam entstellt würde, können dank intensiven Gesprächen im Vorfeld in der Regel schnell ausgeräumt werden. Und religiöse Gründe, die manchmal vorgeschoben werden, wenn man sich gegen eine Organspende ausspricht, sind eigentlich nicht gegeben. Fast jede Religion, sagt Barbara Backer, sähe Organspende als den größten Akt der Nächstenliebe. Lediglich im Konfuzianismus ist es nicht erlaubt, hier muss der Körper unversehrt bleiben.
Informieren ist wichtig
Backer und ihre Vereinskollegen setzen sich seit vielen Jahren für die Organspende ein, auch wenn sie – wie so viele andere Ehrenamtler – unter Personal- und Finanzsorgen leiden. Sie besuchen Messen, Veranstaltungen, Aktionstage. Immer mit dem Willen, zu informieren. Nicht zu missionieren! Sie sprechen mit Betroffenen, knüpfen Kontakte, begleiten Patienten und ihre Angehörigen. Und geben Antworten auf Fragen. Dass beispielsweise ein hirntoter Mensch tot ist,er kann nicht noch einmal sterben. Der Hirntod des Spenders muss nach den Richtlinien der Bundesärztekammer festgestellt worden sein, bevor ein Organ entnommen werden darf. Die Hoffnung der Trauernden, dass der Verstorbene noch lebt, muss bereits im Vorfeld genommen werden. Ein harter Fakt, aber unausweichlich.
Ein zweiter Punkt, den viele Spendewilligen berücksichtigen müssen, ist die Patientenvorsorge. Viele Menschen verfügen, dass sie im Krankheits- und Unfallfall nicht künstlich am Leben gehalten wollen und nicht in eine Intensivstation möchten. Die Maschinen sollen, wie man lapidar sagt, abgeschaltet werden. Doch wer spenden möchte, muss noch mit Sauerstoff versorgt werden und dies geht nur intensiv medizinisch.
Widerspruch als Lösung
Über solche Sachen muss man sich Gedanken machen und mit den Angehörigen sprechen. Ein weiterer, bürokratischer Aufwand ist aber nicht gegeben, wenn man Organspender werden will. Eine ärztliche Vorsorgeuntersuchung ist darüber hinaus nicht nötig, spendenwillige Menschen werden erst nach ihrem Tod untersucht.
Wer keine akute Krebs-Erkrankung oder eine positive HIV-Infektion besitzt, kann sich bereit erklären, zu spenden. Ob Organe transplantiert werden können, wird erst nach dem Tod entschieden. Eine Lebendspende ist derweil nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, beispielsweise im direkten Familienkreis.
Da die Spendenabsicht so gering ist, setzen sich viele Vereine und Organisationen seit Jahren für die Widerspruchsregelung ein. Diese besagt, dass man aktiv der Organspende widersprechen muss. Diese ist bis dato aber nicht in Kraft getreten. Organtransplantierte Ostfriesland mit Schirmherrin Gitta Connemann, MdB, kämpft für die Widerspruchslösung; dass also auch die Angehörigen noch widersprechen können, bleibt gegeben.
Mit dem Einsatz für diese Lösung vertritt der Verein nach eigener Aussage die Meinung der meisten Menschen, die von ihm in den vergangenen 29 Jahre informiert wurden. Alle seien sich einig gewesen: Wir müssen Leben retten! Und die Chance, als Empfänger das Leben gerettet zu bekommen, ist viel höher, als tatsächlich als Organspender infrage zu kommen.
Beim großen Lebensretter-Tag im SKN-Verlag am 25. Oktober wird der Verein darüber aufklären, warum es wichtig ist, sich zur Organspende bereit zu erklären.