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6. Februar 2024, 09:00 Uhr

Norder Ärzte beklagen: Die medizinische Versorgung wird vor die Wand gefahren!

Norder Ärzte ziehen die Notbremse: Sie werfen der Trägergesellschaft der Kliniken vor, die medizinische Versorgung in Norden Zug um Zug auszudünnen. Die Hausärzte sollen übernehmen, was die Norder Klinik nicht mehr macht. Doch das geht nicht, sagen sie.

Lesedauer: ca. 3min 05sec
Norder Ärzte beklagen: Die medizinische Versorgung wird vor die Wand gefahren!

Norden Kein Tag ohne neue Nachrichten in Sachen Krankenhausversorgung im Landkreis Aurich, speziell im Altkreis Norden. Die einen klagen, die anderen beschwichtigen, versprechen. Ein ständiges Gegen- statt Miteinander. Was auch nach der Ansage des Transformationsbeauftragten Dr. Hans-Joachim Winterling und der Oberärztin Dr. Nicole Gerlach, dass im April mit dem Start des Statamed-Projektes in Norden alles besser werden soll, nicht wirklich besser werden dürfte. Denn auch das teilten sie mit: Die niedergelassenen Ärzte ringsum seien bisher eher nicht im Boot. Warum?

Sie haben schon vorher deutlich gemacht, sei es in Leserbriefen, sei es bei Aktionen, sei es durch Mitteilungen, dass sie nicht mehr können. Wie frustriert und zudem am Ende ihrer Kräfte sie sind, das schilderten Dr. Axel Schönian, Dr. Georg Karl van Hove, beide praktizierende Hausärzte, und Dr. Alexander Göbel, Facharzt für Orthopädie, unmittelbar vor Veröffentlichung des Artikels über den Statamed-Start in Norden dem KURIER. Übereinstimmend berichteten sie von totaler Überlastung.

Hausärzte sprechen von Überlastung

Die derzeitige Situation nach Schließung des Norder Krankenhauses sei unhaltbar. Allein schon die Tatsache, dass die Norder Klinik geschlossen worden sei, ohne vorher eine entsprechende Anschlussversorgung auf den Weg gebracht zu haben, das sei ein Unding gewesen, das bleibe ein Unding. Entsprechend kritisch stehen sie den neuen Äußerungen gegenüber. „Seit 2012 wird die medizinische Versorgung im Altkreis Norden Schritt für Schritt zurückgefahren“, sagte Dr. Schönian. Mit dem Abzug des Gastroenterologen Dirk Raytarowski sei es dann extrem schlimm geworden.

„Wundversorgung, Klammern ziehen“ – dafür brauche es in Praxen spezielle Räume und speziell ausgebildetes Personal, erklärte Dr. van Hove, es sei aber nicht die Haupttätigkeit eines Hausarztes, der deshalb auch mehr Zeit benötige, um diese Patienten entsprechend gut zu versorgen. Aber: „Das passt nicht mehr in den zeitlichen Ablauf!“ Man könne Einzelnen nicht mehr gerecht werden. „Das ist eine Katastrophe und betrifft uns alle.“

Notaufnahme ohne Arzt, mehrstündige Wartezeiten

Alle drei Ärzte berichteten zudem von Patienten, die in der Auricher Notfallaufnahme fünf Stunden und mehr hätten warten müssen und bestätigten auch die Aussage, die aus den Reihen eines Norder Klinikmitarbeiters gekommen war, dass entgegen gegebener Versprechen mehrfach kein Arzt in Norden zugegen war. „Man kann der Verantwortung so nicht gerecht werden, die Versorgung wird vor die Wand gefahren.“ Dr. Schönian, der jüngst durch sein Engagement gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung erreicht hat, dass sich zwei weitere Hausärzte hier ansiedeln dürfen, ist inzwischen verzweifelt und zermürbt. Was ihm und seinen Mitstreitern zusätzlich sauer aufstößt: Niemand aus dem medizinischen Bereich sitzt ihres Wissens nach an verantwortlicher Position. Entscheidungen treffe man in der Verwaltung, in der Politik, aber die betroffenen Ärzte höre man nicht an, nehme ihre Einwände nicht ernst. Es gehe nicht darum, einzelne Personen an den Pranger zu stellen, es gehe schlicht um eine angemessene Versorgung der Bevölkerung. Und die sei nicht erst seit dem 1. Juli 2023 mit der Schließung der Norder Klinik nicht mehr ausreichend gewährleistet.

Mit Thematik ernsthaft auseinandersetzen

Viele der angekündigten Angebote seien realitätsfern. „Wir möchten, dass man sich mit der Thematik ernsthaft hier vor Ort auseinandersetzt“, wünscht sich Dr. Göbel, der von völlig verunsicherten und verängstigten Patienten berichtet. Früher sei alles problemlos Hand in Hand gegangen, heute erlebe er, dass beispielsweise ein Patient, ohne von einem Arzt im Norder Krankenhaus untersucht worden zu sein, mit Schmerztabletten nach Hause geschickt worden sei.

Man wolle keine Kritik üben an Kollegen in der Auricher UEK, man wisse, dass auch dort alle total überlastet seien. Honorarärzte hätten, auch das erzählten die Norder Ärzte, sofort wieder gekündigt, weil es viel zu viel Arbeit gebe – diese angesichts der Masse aber nicht mehr adäquat zu leisten sei. „Es können nicht mal eben 50000 Menschen mehr entsprechend versorgt werden“, sagen die Norder. Die sich wünschten, dass die Verantwortlichen nicht einzelne – wie den Auricher Klinikarzt, der über Missstände berichtet hatte – an den Pranger stellen, sondern eine gute Grundversorgung ermöglichen. Ohne überlasteten Ärzten noch mehr Arbeit aufzubürden.

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