Europarat schwächt den Schutz von Wölfen ab
Der Wolf macht in Ostfriesland viele Probleme; vor allem die Deichschafe sind in Gefahr. Im Gegenzug plädierten Tierschützer dafür, den Wolf zu tolerieren und sich zu schützen. Jetzt hat die EU eine wichtige Entscheidung getroffen.
Lesedauer: ca. 3min 01secStraßburg Der Europarat macht den Weg frei für einen schwächeren Schutz von Wölfen. Der zuständige Ausschuss stimmte einem entsprechenden Antrag der EU-Staaten zu. Bevor der neue Schutzstatus in Deutschland gelten kann, muss aber noch das EU-Recht geändert werden.
Hintergrund des Antrags ist, dass sich nach EU-Angaben die Zahl der Wölfe in Europa innerhalb von zehn Jahren fast verdoppelt hat. Die Zahl der in der EU vom Wolf getöteten Nutztiere, meist Schafe und Ziegen, wird auf mindestens 65.500 pro Jahr geschätzt.
Der Europarat ist von der EU unabhängig. Zu seinen 50 Mitgliedern zählen die EU-Staaten, aber auch Länder wie Großbritannien oder die Türkei. Das Gremium kümmert sich um die Wahrung der Menschenrechte, ist aber auch für die Einhaltung der Berner Konvention zuständig, einem 1979 verabschiedeten völkerrechtlichen Vertrag zum Schutz wildlebender Tiere und Pflanzen. In diesem Vertrag galt der Wolf bislang als „streng geschützt“. Das bedeutet, dass die Staaten Maßnahmen zur Erhaltung des Wolfs ergreifen müssen und die Tiere nicht absichtlich getötet werden dürfen.
Der Wolf in Ostfriesland: Gehasst und geliebt
Der Wolf sorgt in Ostfriesland für erhebliche Konflikte, insbesondere mit Weidetierhaltern. Zu den Hauptproblemen zählen die Angriffe auf Nutztiere wie Schafe, Ziegen und Pferde. Trotz Schutzmaßnahmen wie Zäunen und Herdenschutzhunden kommt es regelmäßig zu Wolfsrissen, was für viele Tierhalter existenzbedrohend ist.
Ein weiteres Problem ist die Bürokratie: Schutzmaßnahmen und Entschädigungen sind oft kompliziert und teuer. In vielen Fällen reichen bestehende Schutzmaßnahmen nicht aus, da Wölfe selbst hohe Zäune überwinden können. Zudem besteht die Sorge, dass der Wolf die Haltung seltener Nutztierrassen gefährdet, die in Ostfriesland besonders verbreitet sind.
Die Diskussion hat eine politische Komponente
Die Diskussion ist politisch stark aufgeladen. Während Naturschützer auf den Schutz des Wolfs hinweisen, fordern Weidetierhalter und Verbände wie „Land schafft Verbindung“ eine Lockerung des Wolfsschutzes und ein aktives Wolfsmanagement. In Aurich demonstrierten 2023 Tausende für restriktivere Maßnahmen, um die Ausbreitung des Wolfs einzudämmen. Der Wolf steht jedoch unter strengem Naturschutz, sodass Abschüsse nur in Ausnahmefällen erlaubt sind.
Bundesregierung hat Meinung geändert
Die EU-Staaten beantragten nach langer Diskussion dann im September eine Herabstufung seines Status auf „geschützt“. Dies beinhaltete zwar immer noch strenge Regeln, eine Jagd auf problematische Wölfe wäre dann aber unter bestimmten Umständen einfacher möglich. Mit der Zustimmung zu dem Vorhaben änderte die Bundesregierung ihren Kurs in der Wolfspolitik.
Begründet wurde dies damit, dass sich die Wolfsbestände in den vergangenen Jahren immer mehr erholt hätten. Außerdem häuften sich zuletzt Risse von Nutztieren wie Schafen und Rindern. Abwehrmechanismen wie etwa hohe Zäune werden von Wölfen immer wieder überwunden.
Der Umweltschutzverband Nabu rügte, die Entscheidung des Europarats basiere nicht auf Fakten, sondern sei ausschließlich politisch getrieben. Laut Nabu-Expertin Marie Neuwald braucht es funktionierende Regelungen, wann und in welchem Rahmen ein Wolf mit auffälligem Verhalten getötet werden darf. „Das ist jedoch auch im bestehenden Recht möglich.“
Wolf war ausgerottet
Nach Angaben der Artenschutzorganisation WWF wurde der Wolf in Westeuropa und damit auch in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottet. Er überlebte demnach nur im Osten und Süden Europas. Seit einigen Jahren erholen sich die Bestände allerdings.
Nach Angaben der EU stieg die Zahl der Wölfe in Europa von 11.193 im Jahr 2012 auf 20.300 im Jahr 2023. In Deutschland wurden zuletzt 209 Wolfsrudel nachgewiesen. Demnach hatte Brandenburg mit 58 die meisten Wolfsfamilien, gefolgt von Niedersachsen (48) und Sachsen (37).
Nun folgt Gesetzgebungsprozess
Die Entscheidung des Europarats-Gremiums bedeutet aber nicht automatisch, dass die Tiere in Deutschland jetzt einfach so geschossen werden dürfen. Die Änderung tritt drei Monate nach ihrer Annahme in Kraft, sofern nicht ein Drittel der Vertragsparteien Einspruch erhebt. Anschließend kann die EU-Kommission einen Vorschlag zur Änderung des Schutzstatus des Wolfs im EU-Recht vorlegen. Dieser Vorschlag braucht nochmals eine Mehrheit unter den EU-Staaten und eine Mehrheit im Europaparlament. Änderungen an dem Vorhaben sind noch möglich.